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12 April 2011

PR-Kampagne für Fukushima-Tomaten

Japaner waren führend im Fischverzehr. Das sind sie jetzt zum Leidwesen der japanischen Fischerei nicht mehr. Gleiches gilt für frisches Gemüse. In den Lebensmittelgeschäften sind besonders die älteren Konservendosen gefragt bzw. längst ausverkauft, denn Jodtabletten als Vorspeise sind ebenfalls nicht endlos gesund. Das rief die japanische Regierung auf den Plan: Begleitet von Fernsehteams verkosteten Regierungsmitglieder auf einem Markt Tomaten und Gurken aus der Provinz Fukushima. Ihrem strahlenden Gesichtsausdruck nach zu urteilen, waren sie noch nie so glücklich, in derart Gurken zu beißen. Allerdings ist Radioaktivität geschmacklos, wie auch solche PR-Kampagne.

Fukushima: Neues Beben und Feuer

Es hatte ein Tag des Gedenkens werden sollen, denn vor einem Monat begann die Katastrophe, aber auch heute bebte es in Tokio und der Region Fukushima mit 6,3 RiSk.
Auf der Atomanlage geriet erneut ein Gebäude in Brand. Ob im Zusammenhang mit dem Erdbeben oder durch andere Umstände und welche Funktion dieses Gebäude hat, ist alles unerklärt.

05 April 2011

TEPCO pfuscht mit Hobby-Floß

"Japaner bereiten Mega-Tankfloß für Atomruine vor" titelt das Magazin FOCUS unkritisch die neueste TEPCO-Pfuscherei im AKW-Katastrophenmanagement. Ein Floß für Hobby-Angler, die am 16. April vor den Fukushima-Ruinen ankern, dann umgebaut werden und "bis zu zehn Millionen Liter" kontaminiertes Löschwasser aufnehmen solle.
Das ist nicht "mega", sondern spottet jeglicher Ernsthaftigkeit, zumal Tepco mit doppelwandigen Öl-Tankern anrücken müsste, die das Vierzigfache und erheblich geeigneter zwischenbunkern könnten.
Stattdessen wurden jetzt "11,5 Millionen Liter" kontaminiertes Löschwasser vor die Küste gepumpt. Millionenfach die Grenzwerte übersteigend. Es verteile sich schnell, wird behauptet - "in die Nahrungskette", bleibt zu ergänzen.
Die japanische Regierung tut nichts dagegen, stattdessen verteidigt Regierungssprecher Yukio Edano die TEPCO-Pfuscherei mit Sprüchen wie: "Es geht nicht anders. Es tut uns leid."
Und die Internationale Atomaufsichtsbehörde SCHWEIGT, darf überhaupt erst seit gestern zu dem Gelände, wenn sie sich denn überhaupt hin traut. - Was sagt die deutsche Regierung dazu? GAR NICHTS. So hat auch der "gemeinnützige" Lobbyistenverein "Deutsches Atomforum e.V." am japanischen Krisenmanagement nichts auszusetzen und tut obendrein noch so, als würden deutsche "Kernkraft-Experten" helfen. Zitat aus Kernenergie.de-Pressererklärung: "Kerntechnische Hilfe für Japan angelaufen" - Atemmasken und Dosismeter, als würde es daran in Japan fehlen. Rein gar nichts haben diese Lobbyisten zu bieten, was besser zu machen wäre. Außer der Fortsetzung des Schwindels mit allen propagandistischen Mitteln.

Markus S. Rabanus >> www.AKW-FORUM.de

30 März 2011

Greenpeace fordert Ausweitung der Fukushima-Evakuierungszone

Greenpeace fordert Ausweitung der Evakuierungszone auf 40 Kilometer rund um Fukushima Daiichi
Experten-Team fand bis zu 100 Mikrosievert pro Stunde außerhalb bisheriger Zone

Presseerklärung >> Greenpeace.de

Strahlenexperten von Greenpeace haben rund um die havarierte Atomanlage Fukushima Daiichi unabhängige Radioaktivitätsmessungen angestellt und noch 40 Kilometer entfernt hohe Strahlenwerte gefunden. Greenpeace fordert die japanische Regierung auf, die Evakuierungszone von bisher 20 auf 40 Kilometer zu erweitern. Außerhalb der bisherigen Evakuierungszone gemessene Werte waren zum Teil höher als innerhalb der Zone. Im Dorf Iitate, 20 Kilometer außerhalb der Zone, wurden Werte bis zu zehn Mikrosievert pro Stunde gemessen. Die maximal tolerierbare Dosis für die Bevölkerung liegt bei 1000 Mikrosievert pro Jahr. Die unabhängige Umweltschutzorganisation kündigte an, ihre Messungen in der betroffenen Region in den kommenden Tagen ausdehnen zu wollen.

"Unsere Messungen decken sich mit denen der japanischen Regierung, sagt Jan van de Putte, Strahlenschutzexperte von Greenpeace vor Ort in Tokio. Dennoch unterläßt es die Regierung, die Menschen zu schützen, sie aus der Gefahrenzone zu bringen oder auch nur angemessen zu informieren. Die Regierung muss sofort tätig werden und zuerst Kinder und Schwangere aus dem Dorf Iitate evakuieren.

Seit dem 26. März stellte das Greenpeace-Team an verschiedenen Orten nordwestlich von Fukushima Daiichi Strahlenmessungen an. Im Ort Tsushima, rund 35 Kilometer entfernt von der Atomanlage, wurden beispielsweise bis zu 100 Mikrosievert pro Stunde gefunden. Die maximale Jahresdosis würde dort in acht Stunden erreicht. Weitere Risiken wie Kontamination durch Einatmen von radioaktiven Partikeln oder durch Aufnahme mit der Nahrung kommen noch hinzu.

In den offiziell gemessenen Werten der japanischen Regierung sei eindeutig zu erkennen, dass am 15. März eine radioaktive Wolke über Iitate gezogen ist. Seitdem seien die Werte wieder gesunken. Die Radioaktivität aus der Reaktor-Katastrophe hat sich ungleichmäßig über das Land verteilt, daher ist eine konstante 20 Kilometer-Evakuierungszone unzureichend.

Bis Mitte April will das Greenpeace-Team rund um Fukushima Daiichi detailliertere Messungen anstellen. Es soll auch die Radioaktivität von Milch und Gemüse gemessen und Bodenproben genommen werden. Greenpeace begrüßt die Ankündigung von Japans Regierungssprecher Yukio Edano, zukünftig stärker auf Erneuerbare Energien zu setzen.

Japan muss seine Pläne, neun weitere Atomkraftwerke bis 2020 bauen zu wollen, aufgeben, sagt Hisayo Takada, Energie- und Klimaexperte von Greenpeace. Stattdessen müssen diese Investitionen in Erneuerbare Energien fließen."

20 März 2011

Tokio: Radioaktivität im Trinkwasser

Im Trinkwasser von Tokio und der Präfekturen Chiba,Gunma, Niigata,Saitama und Tochigi wurde
radioaktives Jod gefunden. Die Grenzwerte seien zumindest in Tokio nicht überschritten.
Lebensmittel aus der Präfektur Fukushima dürfen wegen erhöhter Strahlenbelastung nicht mehr gehandelt werden. Unterdessen wird ein Stromkabel zu der havarierten Atomanlage Fukushima I verlegt, das die Kühlung dort wieder in Gang bringen solle. In welchen der sechs Atommeiler die Technik noch einsatzfähig sind, ist ebenso ungewiss, wie die Wassermengen, die im direkten Kontakt zu den Brennstäben für Kühlung sorgen sollen, ins Grundwasser und vor die Küste gelangen.
Die Kühlung mit Wasserwerfern der Polizei scheint vom Tisch. Stattdessen wurden Löschzüge der Feuerwehr mit Freiwilligen zum lebensgefährlich verstrahlten Reaktorgelände losgeschickt, um das "Ansehen Japans und Menschenleben zu retten", wie der Einsatzbefehl über das Fernsehen verbreitet wurde und hoffentlich auch technische Erfolge hat.
Zunehmend ins Gespräch kommt ein Vorgehen wie in Tschernobyl, also die Reaktoren mit Massen von Sand abzudecken und mit einem "Sarkophag" einzubetonieren. Tausende Menschen wurden allein bei diesen Arbeiten in Tschernobyl tödlich verstrahlt. Ohne dass dort das Problem gelöst worden wäre.

msr >> Diskussion

15 März 2011

Totalversagen der IAEO

Die internationale Aufsichtsbehörde gehört kritisiert,
1. dass sie weltweit zusieht, wie auf kleinsten Geländen Atommeiler nebeneinander aufgestellt wurden und werden, denn Fukushima zeigt, dass infolge der Havarie eines Atommeilers erforderliche Arbeiten an benachbarten Atommeilern unmöglich werden können oder schon unmöglich wurden,
2. dass sie die japanischen Atomkraftanlagen nicht beauflagte, besser gegen Erdbeben und Tsunamis gewappnet zu sein, denn nach allen vorliegenden Informationen war das Erdbeben zwar heftig, aber der Tsunami mit Wellenhöhen bis zu "zehn Metern" weit hinter Erfahrungen dieser Region zurück, in der es schon erheblich höhere Wellen gab,
3. dass sie nicht unmittelbar nach Katastrophenbeginn mit eigenen Experten vor Ort für unabhängige Beobachtung und Information sorgte.

Die erstgenannte Kritik muss bei den anstehenden Entscheidungen eine Rolle spielen, in welcher Reihenfolge deutsche Atommeiler deaktiviert werden.

Die Informationen auf www.grs.de und www.bfs.de sind spärlich, bei www.bmu.de finden sich erste zutreffende Einschätzungen zur Grundproblematik, während der mit atomwirtschaftlichen Mitteln gepeppelte Lobbyistenverein "Deutsches Atomforum e.V." ( www.kernenergie.de ) die atomtechnische Katastrophe auf eine unglückliche Verkettung von Naturkatastrophen herunterspielt - und noch immer eine Weltkarte präsentiert, die Japan nicht als erdbebengefährdet ausweist. Das ist Desinformation und Gegenteil von "gemeinnützig".

Skandalös auch, dass erst jetzt bekannt wurde, zum Zeitpunkt des Katastrophenbeginns habe sich ein deutsches Expertenteam zu einem Besuch auf dem Gelände von Fukushima I befunden und sei nur unter größten Mühen nach Tokio zurückgelangt. Fachlich versierte Augenzeugen auf der Flucht vor der mitverantworteten Realität. Das ist die "Realpolitik" und von den Medien bislang nicht zur Rede gestellt. Stattdessen Fernspekulationen von mal mehr, mal weniger kompetenten Experten - und den unwichtigen Telefonaten mit gefühlsduselnden Auslandsstipendiaten.

Markus Rabanus >> Diskussion

Pikanter Unterschied zwischen Tschernobyl und Fukushima

Verfasser: Martin

Tag vier der Katastrophe: Nach einer dritten Explosion im Fukushima I, diesmal im Block 2 des Kraftwerk-Komplexes, geht man davon aus, dass auch das innere Containment, also der Reaktor-Druckbehälter beschädigt worden ist. Darauf weisen jedenfalls stark erhöhte Radioaktivitätsmesswerte hin. Offizielle Quellen sprechen von einer Strahlendosis von 400 Millisievert pro Stunde (mSv/h). Zum Vergleich: In der bundesdeutschen Strahlenschutzverordnung gilt für Personal in kerntechnischen Anlagen ein Grenzwert von 20 Millisievert pro Jahr (mSv/a). Wahrscheinlich ist die Strahlung im unmittelbaren Umfeld längst höher.

Die Zahlen bleiben unsicher, die Informationspolitik von Tepco und der japanischen Regierung sind nach wie vor unzureichend. Sicher ist aber: Wer jetzt noch in Fukushima arbeitet, dürfte akute und langfristige gesundheitliche Schäden schwerster Art davontragen. Angeblich ist ein Großteil des Personals bereits abgezogen worden. Auch das ein Unterschied zu Tschernobyl: Nur in einem totalitären System konnte man Zehntausende in die Strahlung schicken, um die Katastrophe irgendwie einzudämmen. In Japan dagegen wird allenfalls ein Häuflein Verzweifelter, die längst mit allem abgeschlossen haben, zurück bleiben, um die Kühlung der drei havarierten Meiler irgendwie aufrecht zu erhalten.
>> Diskussion

12 März 2011

Schwere Störfälle in japanischen Atomkraftwerken

Die Naturkatastrophe Erdbeben und Tsunami weitet sich um eine Technikkatastrophe aus. Die angeblich sicheren Atomkraftwerke drohen vor einem Super-Gau in Serie zu stehen, wenn weiterhin die Notmaßnahmen versagen und nicht ohnehin schon eine Kernschmelze im Gange ist.
Nachdem Bilder über eine Brandwolken über dem Atomkraftwerksgelände Fukushima I stundenlang unkommentiert blieben, dann Explosionsbilder nachgereicht und widersprüchlich interpretiert wurden, hieß es um 15:02 Uhr MEZ unter Berufung auf CNN, dass die Explosion nicht vom Reaktorgebäude ausgegangen sei, sondern von einer Pumpanlage des Kühlsystems. Lediglich der äußere Überbau des Reaktors sei zerstört, während der eigentliche Druckkörper unbeschadet sei. Nun sei geplant, in den Reaktor Meerwasser einzuleiten, um ihn abzukühlen.
Gegen 16:00 Uhr MEZ wurde bekannt, dass auch im zehn Kilometer von Fukushima I entfernten Fukushima II das Kühlsystem Probleme bereite, weshalb "kontrolliert Druck abgelassen" werde.
Evakuierungsmaßnahmen sind angeordnet, aber durch die erdbebengeschädigte Verkehrsinfrastruktur erschwert.
  • Diskussion
  • 01 Januar 2003

    AKW-Steckbrief Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi

    Letzte Aktualisierung dieses AKW-Steckbriefs 15.04.2011


    Das Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi oder Fukushima I ([ɸɯˈkɯɕima], jap. 福島第一原子力発電所, Fukushima daiichi genshiryoku hatsudensho oder AKW Nr. 1) war mit sechs Reaktorblöcken und bis zu 4,5 Gigawatt elektrischer Nettoleistung eines der leistungsstärksten Kernkraftwerke in Japan. Es befindet sich unmittelbar am Pazifik auf dem Gebiet der Ortschaften Ōkuma und Futaba in der Präfektur Fukushima, 250 km nordöstlich von Tokio.
    Fukushima-Daiichi wurde ab 1971 in Betrieb genommen und ist damit das älteste Kernkraftwerk der ehemals staatlichen Tōkyō Denryoku (Tokyo Electric Power Company – TEPCO), die auch das zwölf Kilometer südlich gelegene Kernkraftwerk Fukushima-Daini (Fukushima AKW Nr. 2) betreibt.
    Die Unfallserie im März 2011 beschädigte die Reaktorblöcke 1 bis 4 so stark, dass sie aufgegeben werden mussten.[1] Die japanische Regierung will das Kraftwerk vollständig stilllegen.[2]


    Bauweise



    Jeder der sechs Kraftwerksblöcke basiert auf einem Siedewasserreaktor der dritten bis fünften Generation einer von General Electric entworfenen Baureihe (BWR/3, BWR/4 oder BWR/5). Block 4 wurde von Hitachi gebaut, alle übrigen von General Electric und/oder Toshiba.[3] Die Reaktorkerne der Blöcke 1-5 befinden sich in einem als Mark I bezeichneten Sicherheitsbehälter (Containment) der ersten Generation von General Electric, und dieser wiederum zusammen mit anderen Systemen im Reaktorgebäude, an das sich meerseitig jeweils ein Gebäude mit den Turbinen zur Stromerzeugung anschließt. In Block 6 kam ein weiterentwickelter Sicherheitsbehälter des Typs Mark II zum Einsatz. Der Bau von zwei zusätzlichen fortgeschrittenen Siedewasserreaktoren war geplant.
    Die Anlage bezieht ihr Kühlwasser aus dem Meer und hat insgesamt eine Fläche von etwa 3,5 km². Die Blöcke 1/2, 3/4 und 5/6 bilden jeweils eine bauliche Einheit. Ab dem 21. August 2010 waren in Block 3 neben 516 Uran-Brennelementen auch 32 sogenannte MOX-Brennelemente mit einer Mischung aus Uranoxid und Plutoniumoxid im Einsatz.[4][5]
    Auf dem Gelände befinden sich unter anderem auch mehrere Lager für radioaktive Abfälle, ein Verwaltungsgebäude, verschiedene Einrichtungen zur Umweltüberwachung und ein Sportplatz.[6]

    Lagerung abgebrannter Brennelemente

    Innerhalb der Anlage existieren sieben Abklingbecken zur Zwischenlagerung verbrauchter (abgebrannter) Brennelemente. Je eines dieser Becken befindet sich im zweiten bis dritten Obergeschoss des jeweiligen Reaktorgebäudes; sie sind nicht durch den Sicherheitsbehälter geschützt. Ihre Gesamtkapazität beläuft sich auf 8310 Brennelemente. Das Volumen des Beckens von Block 1 beträgt 1020 m³, bei Block 2 bis 5 sind es 1425 m³ und bei Block 6 1497 m³.
    Zudem gibt es seit 1997 direkt neben Reaktorblock 3 und 4 ein separates Abklingbecken für maximal 6840 Brennelemente. Außerdem können seit 1995 bis zu 900 weitere Elemente in speziellen Behältern trocken gelagert werden.[15][16][17]
    Nach Angaben des Betreibers waren die sechs Abklingbecken der Reaktorblöcke im März 2010 zu 41 % genutzt, das separate Becken zu 92 % und die Trockenlagerung zu 45 %. Die gelagerte Brennstoffmenge wurde mit insgesamt 10149 Brennelementen bzw. 1760 Tonnen Uran angegeben, und die Neuproduktion abgebrannter Elemente mit etwa 700 pro Jahr.[16] Somit lagerten im März 2010 rechnerisch die verbrauchten Brennelemente aus 14 ½ Jahren Betrieb auf dem Kraftwerksgelände.
    Im März 2011 lagerten auf dem Gelände des Kernkraftwerks Fukushima-Daiichi insgesamt 11.125 Brennelemente mit einem Gewicht von ungefähr 1.900 Tonnen, davon etwa 6000 im zentralen Abklingbecken.[18] In den Reaktorkernen und Abklingbecken der einzelnen Reaktorblöcke befand sich folgende Anzahl an Brennelementen:[19][20][21]


    Besondere Risiken: Risiken des Kraftwerkstyps

    Der Sicherheitsbehälter Mark I von General Electric, der in Fukushima I verwendet wurde, hat nach Ansicht verschiedener Experten ein unzureichendes System zur Vermeidung eines Druckaufbaus zwischen innerer und äußerer Schutzhülle. Ein Sicherheitsexperte der Atomic Energy Commission der USA forderte deshalb 1971, den Einbau dieses Systems zu beenden und zu verbieten. Ein Verbot lehnte die AEC-Führung 1972 ab, da es die Atomindustrie der USA beenden könne. 1976 kündigten drei hochrangige Ingenieure bei General Electric wegen Sicherheitsbedenken zu Mark I.[22] Einer davon, Dale Bridenbaugh, hielt die Auslegung des Mark I bei schweren Unfällen für unzureichend, regte einen Baustop während der Fehleranalyse an und kündigte, nachdem General Electric diesen ablehnte. Seines Wissens habe man die von ihm aufgewiesenen Design-Mängel in Fukushima I jedoch berücksichtigt. Der Sicherheitsbehälter sei keine direkte Unfallursache, aber in dem eingetretenen Fall von Erdbeben und Tsunami weniger „vergebend“ (nachgiebig) als andere Reaktorentypen gewesen.[23]
    1985 stellte die für Kernkraftsicherheit in den USA zuständige Nuclear Regulatory Commission (NRC) fest, dass der Mark I in den ersten Stunden nach einer Kernschmelze versagen würde; ein NRC-Vertreter hielt dieses Versagen 1986 für zu 90% wahrscheinlich. Daraufhin wurde ein Ventilsystem entwickelt und in alle Mark I-Behälter eingebaut, das es erlaubt, radioaktiven Wasserdampf ungefiltert in die Atmosphäre zu entlassen.[24]
    Die Bauweise des in Fukushima I übernommenen Kraftwerksdesigns, bei dem sich jeweils ein Abklingbecken neben dem Sicherheitsbehälter befindet, wird seit den Unfällen vom März 2011 verstärkt kritisiert, da sie die Gefahr von Beschädigungen und radioaktiven Emissionen erheblich vergrößere.[25] In Fukushima wurden diese Becken übermäßig für die Lagerung alter Brennelemente genutzt. Japanische Atomaufseher hielten dies für eine Fehlentscheidung; Investitionen in sicherere Möglichkeiten der Unterbringung wurden ihrer Ansicht nach unterlassen.[26]


    Besondere Risiken: Konstruktionsmängel in Fukushima I

    Nach den Unfällen im März 2011 wurden verschiedene Konstruktionsmängel des Kraftwerks bekannt, auf die Ingenieure, Seismologen und Aufsichtsbehörden seit langem hingewiesen hatten.
    Nach Aussage des Ingenieurs Shiro Ogura, der am Bau von fünf der sechs Blöcke beteiligt war, wurden die für US-Standorte konzipierten Baupläne von General Electric beim Bau von Reaktorblock 1 ab 1967 unkritisch übernommen. Erst bei den weiteren Reaktorblöcken habe man diese Bauweise den japanischen Gegebenheiten angepasst. Auch dabei habe man die Gefahr von Tsunamis an diesem Küstenstandort nicht berücksichtigt. Erst 2007 habe man diese in Betracht gezogen und die Konstruktionsvorgaben überarbeitet. Die Kühlsysteme seien jedoch nach Vorgaben der Betreiberfirma nur für Erdbeben von maximal Stärke 8 auf der Richterskala ausgelegt worden. Ein stärkeres Erdbeben habe niemand für möglich gehalten. Mangelnde Sicherheitsvorkehrungen habe er nie kritisiert.
    Laut dem am Bau beteiligten Ingenieur Masashi Goto war das Notkühlsystem des Kraftwerks nicht als Sicherungssystem konzipiert. Man habe Ventile und Rohre nicht auf den erhöhten Druck bei einem Unfall ausgelegt, so dass schon zu Beginn der Unfallserie vom März 2011 Radioaktivität entwichen sei.[27]
    Der Ingenieur Mitsuhiko Tanaka war 1974 am Bau eines Stahldruckkessels für Hitachi führend beteiligt, der sich heute im Reaktorblock 4 befindet. Er erklärte im März 2011, der Kessel habe sich bei der Herstellung verzogen. Er habe geholfen, dies zu vertuschen, um die gesetzlich verlangte Verschrottung des 250 Millionen US-Dollar teuren Kessels zu umgehen. Dafür habe er einen hohen Jahresbonus und eine Verdienstmedaille von der Firma erhalten. 1988, zwei Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl, habe er den Konstruktionsfehler des Kessels der Regierung Japans gemeldet. Hitachi habe seinen Bericht bestritten und die Regierung habe eine Untersuchung abgelehnt. Seit einem Treffen mit Tanaka 1988 hielt Hitachi daran fest, dass der Kessel kein Sicherheitsproblem darstelle.[28][29]
    Beim Bau des Kraftwerks Fushima I wurde ein General-Electric-Entwurf übernommen, bei dem die Notstromgeneratoren im Untergeschoss der Turbinengebäude angebracht sind. Wegen der meernahen Lage des Kraftwerks konnten sie dort von einem Tsunami überschwemmt werden und ausfallen.[30][31] Laut Asahi Shimbun sagte ein ehemaliger Tepco-Manager, Fukushima I sei ein „Übungskurs für Toshiba und Hitachi gewesen, um nach dem Versuch-und-Irrtum-Prinzip General Electrics Kraftwerksdesign kennenzulernen“. In später errichteten Kraftwerken wie dem benachbarten Fukushima II brachten Toshiba und Hitachi die Notstromaggregate an einer sichereren Stelle in den Reaktorgebäuden unter. Bei Fukushima I verblieben die Generatoren dagegen weiter an der ungeschützten Stelle, obwohl eine Tepco-interne Untersuchung dies als Sicherheitsrisiko einschätzte.[30]


    Warnungen



    Die NRC warnte 1990 auch vor dem Ausfall von Notstromgeneratoren und damit der Kühlsysteme von Kraftwerken, die in für Erdbeben anfälligen Gebieten stehen. Sie bezeichnete diesen Ausfall als eins der wahrscheinlichsten Risiken. Die Japanische Atomaufsichtsbehörde NISA zitierte diesen Bericht 2004. Laut Jun Tateno, einem früher zur Japanischen Atomenergie-Agentur gehörigen Wissenschaftler, habe Tepco nicht auf diese Warnungen reagiert und keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Deshalb könne man die außergewöhnliche Stärke des Erdbebens vom März 2011 nicht als Entschuldigung gelten lassen.[32]
    Filmemacher Adam Curtis hatte in einer Dokumentationsserie der BBC 1992 auf Risiken im Kühlsystem von Siedewasserreaktoren wie denen in Fukushima I hingewiesen[33], die seit 1971 bekannt waren.[34]
    2005 und 2007 kam es zu Störfällen in drei japanischen Kernkraftwerken durch Erdbeben, deren Stärke bei der Auslegung von Reaktoren nicht einkalkuliert worden war. Der Seismologe Ishibashi Katsuhiko analysierte diese Fälle und warnte 2007 vor der „fundamentalen Verletzbarkeit“ japanischer Kernkraftwerke bei Erdbeben, deren zunehmende Stärke und Häufigkeit beim Bau vieler Kraftwerke in den 1970er Jahren schwer unterschätzt worden sei.[35] Katsuhiko mahnte damals fundamentale Verbesserungen der Sicherheitsstandards für japanische Kernkraftwerke an. Nach den Unfällen 2011 kritisierte er, die Atompolitik habe seit 2007 nichts dazugelernt. Auch die japanische Energiewirtschaft und akademische Elite hätten die Warnungen ignoriert. Laut General Electric sollen jedoch alle sechs Reaktoren die Sicherheitsanforderungen der Nuclear Regulatory Commission für Erdbeben erfüllt haben.[36]
    Nach dem Erdbeben vom 16. Juli 2007 mit der Stärke 6,6 hatte Tepco die Standorte seiner Kraftwerke geologisch prüfen lassen, um ihre Belastbarkeit bei Erdbeben und Tsunamis festzustellen. Infolge dieser Prüfung wurde bei Fukushima I eine Schutzmauer von 5,7 m Höhe gegen Tsunamis errichtet. Einige Notstromgeneratoren befanden sich jedoch auf Bodenhöhe direkt am Meeresufer und waren unzureichend vor Überflutung geschützt. Für Atomsicherheitsexperten weist dies darauf hin, dass Tepco zwar die Reaktorgebäude sicher genug gebaut, aber den möglichen Ausfall der Notstromgeneratoren durch Tsunamis nicht berücksichtigt hat.
    Der am Bau der Fukushima-I-Reaktoren beteiligte Ingenieur Masashi Goto erklärte, die Sicherheitsrichtlinien der Regierung hätten keinen Ersatz für den Ausfall von Notstromgeneratoren verlangt. Sie hätten von den Firmen nur eine freiwillige Anstrengung erbeten, die Containment-Kessel erdbebensicher zu bauen. Sie hätten nie mit einem Worst-case--Szenario gerechnet. - Die Atomsicherheitskommission Japans hatte 2009 gefordert, bei jedem Kernkraftwerk eine stationäre Feuerwehrbrigade bereitzuhalten, um Feuer nach Erdbeben sofort bekämpfen zu können.[37]
    Tatsuya Ito, ein früherer Abgeordneter der Präfektur Fukushima im Nationalparlament, erklärte, er habe den Firmenvorstand von Tepco seit 2003 mindestens 20 Mal bei direkten Treffen vor der Tsunamigefahr gewarnt. 2002 habe ein von der Firma selbst angeforderter Bericht der Japan Society of Civil Engineers das Szenario eines Tsunamis nach einem Erdbeben der Stärke 9,5 beschrieben. 2005 habe er deshalb an den Präsidenten von Tepco einen Brief geschrieben. Die Firma habe jedoch alle Warnungen missachtet.[38]
    Der Seismologe Yukinobu Okamura, Leiter des Erdbebenforschungszentrums (Active Fault and Earthquake Research Center) am AIST, hatte ein Regierungsgremium 2009 vor einem verheerenden Tsunami wie jenem aus dem Jahre 869 gewarnt, doch Tepco lehnte die Warnung „als zu wenig fundiert“ ab.[39][40]
    Bei einer parlamentarischen Anfrage am 26. Mai 2010 hatte NISA-Vertreter Nobuaki Terasaka eingeräumt, dass ein kompletter Stromausfall die Reaktorkerne partiell schmelzen lassen und so die Kühlung ihrer Kernbrennstäbe unmöglich machen könne. Daher hätten die Betreiber die Kraftwerke mit vielen Ersatzstromquellen gesichert, die einen Stromausfall innerhalb weniger Stunden kompensieren sollten. Jun Tateno erklärte dazu, mit einem besseren Schutz dieser Ersatzgeneratoren auch gegen außergewöhnlich starke Erdbeben und hohe Tsunamis wären die Unfälle vom März 2011 vermeidbar gewesen.[41]


    Vertuschte Störfälle und mangelnde Kontrollen



    2002 wurde bekannt, dass Firmenvertreter über 16 Jahre lang Reparaturberichte über Tepcos Kernkraftwerke gefälscht und den Aufsichtsbehörden in hunderten Fällen sicherheitsrelevante Vorfälle verschwiegen hatten. Daraufhin gab der Vorstand von Tepco die Fälschungen zu, trat zurück und wurde von der Regierung ersetzt. Alle Tepco-Kernkraftwerke wurden heruntergefahren und drei Wochen lang überprüft. Am 16. Mai 2003 wurde Fukushima I erneut angefahren.[42]
    Seit dem Vorstandswechsel 2002 kam es in Fukushima I zu mindestens sechs Notabschaltungen und einer siebenstündigen kritischen Reaktion in Reaktorblock 3. Auch diese Vorfälle wurden verschwiegen.[43]
    Wie am 21. März 2011 bekannt wurde, hatte die NISA am 1. März Tepco erhebliche Mängel bei Inspektion und Wartung nachgewiesen: 33 Geräte und Maschinen in Fukushima I, darunter die Kühlpumpen, Dieselgeneratoren und Temperaturkontrollventile der Reaktorblöcke, waren seit elf Jahren nicht sorgfältig kontrolliert worden.[44][45] Die NISA hatte Tepco eine Frist bis zum 2. Juni 2011 gesetzt, um einen Korrekturplan auszuarbeiten.[46]


    Unfälle ab dem 11. März 2011




    Zustand der Reaktorblöcke 1 bis 4 (von rechts nach links) am 16. März 2011 nach mehreren Explosionen und Bränden
    Infolge des Tōhoku-Erdbebens am 11. März 2011 und des folgenden Tsunamis fiel die elektrische Energieversorgung des Kraftwerks aus, so dass die Reaktorkerne und gelagerten Brennstäbe mangelhaft gekühlt wurden. Dies führte zu einer Unfallserie, bei der die Reaktorblöcke 1 bis 4 zerstört und erhebliche Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt wurden. Acht Menschen im Kraftwerk starben durch das Erdbeben und Explosionen.
    Zunächst wurde ein Gebiet im Umkreis von zwanzig Kilometern mit 70.000 bis 80.000 Anwohnern evakuiert, später noch einige weiter entfernte Orte mit besonders hoher radioaktiver Belastung. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Böden, Leitungswasser, Meerwasser und Fische im weiten Umkreis wurden mit Radioisotopen kontaminiert; teilweise wurden dabei die gesetzlichen Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten.
    Die japanische Atomaufsichtsbehörde NISA stufte die Unfälle in den Reaktorblöcken 1 bis 3 auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse zunächst vorläufig als Stufe 4 („ernster Störfall“), dann als Stufe 5 („ernster Unfall“) und später – immer noch vorläufig – mit der Höchststufe 7 („katastrophaler Unfall“) ein.[47]

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