25 April 2006

Tschernobyl zeigt: Atomkraft ist todsicher

Berlin, 25.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Greenpeace fordert auf 30-stündiger Mahnwache das Ende der Atomkraft weltweit

Mit einem Glockenschlag 23 Minuten nach jeder vollen Stunde erinnert Greenpeace ab heute Mittag vor dem Brandenburger Tor in Berlin an den schlimmsten Unfall in der Nutzung der Atomenergie. Um 1.23 Uhr explodierte in der Nacht zum 26. April 1986 in Tschernobyl der Atomreaktor und verstrahlte in der Folge riesige Gebiete der nördlichen Erdhalbkugel. Die Umweltschützer haben in Berlin Kerzen in Form eines Radioaktivitätszeichen angezündet und halten ein Banner mit der Aufschrift: Tschernobyl zeigt: Atomkraft ist todsicher. Abschalten!. Bis Mittwochabend 20 Uhr wollen die 15 Greenpeace-Aktivisten der Katastrophe gedenken. Insgesamt finden rund um den Jahrestag in 70 Städten Deutschlands Mahnveranstaltungen und lokale Protestaktionen von Greenpeace-Gruppen statt.

In Hamburg eröffnet Greenpeace am Mittwoch eine Ausstellung mit Fotos von Opfern der Radioaktivität. Die 80 Porträtbilder von Robert Knoth zeigen Menschen aus dem Gebiet um Tschernobyl und aus den Regionen um die russischen Atomanlagen Tomsk und Majak sowie dem ehemaligen russischen Atombombentestgebiet Semipalatinsk/Kasachstan. Die Ausstellung wird derzeit weltweit in 27 Ländern gezeigt. Dieses Jahr wird sie noch in Berlin, München und Köln zu sehen sein.

Tschernobyl hat der Welt vor Augen geführt, dass Atomkraft nicht beherrschbar ist. Heute, nach 20 Jahren, muss endlich die Lehre daraus gezogen werden. Weltweit müssen die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, fordert Jörg Feddern, Energieexperte von Greenpeace. Keiner kann sicher sagen, wie viele Menschen an den Folgen von Tschernobyl sterben werden, wie viele erkranken werden. Aber es ist klar: Das Leiden in den betroffenen Regionen geht weiter.

Letztes Jahr behauptete die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO), die Reaktorkatastrophe würde voraussichtlich 4000 Todesopfer zur Folge haben. Dagegen zeigte eine vergangene Woche veröffentlichte Greenpeace-Studie, dass viele Experten deutlich mehr Opfer erwarten. Die Russische Akademie der Wissenschaften geht von 270.000 zusätzlichen Krebserkrankungen mit 93.000 Todesfällen aus. Weitere Studien vermuten noch schlimmere Folgen.

Greenpeace fordert die Mitgliedsländer der IAEO auf, sich für einen Kurswandel der Organisation stark zu machen. Statt wie bisher den Bau von Atomkraftwerken zu fördern, soll die Organisation den weltweiten Ausstieg aus der Atomkraft überwachen. Nur so lässt sich auch die Gefahr von Atombomben bannen. Das zeigt das Beispiel Iran gerade wieder ganz besonders deutlich. Wer Atomkraftwerke betreibt, kann letztendlich auch Bomben bauen, so Jörg Feddern.

24 April 2006

Greenpeace konfrontiert IAEO mit Folgen von Tschernobyl

Wien/Hamburg, 24.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Aktivisten bringen radioaktive Erde zur Internationalen Atomenergiebehörde in Wien


Aus Protest gegen den Umgang der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) mit den Folgen des Atomunfalls von Tschernobyl haben heute früh rund 30 Greenpeace-Aktivisten zwei radioaktive Bodenproben aus der Umgebung des Unglücksreaktors zum Hauptsitz der Behörde in Wien gebracht. Sie hissten ein Transparent mit der Aufschrift IAEO: 90.000 Strahlentote sind genug. Atomausstieg jetzt. Die Proben stammen aus einem öffentlich zugänglichen Waldstück sowie dem Dorf Bober rund 50 km von Tschernobyl entfernt. Um jegliche Gefährdung während des Transports und bei der Übergabe an die IAEO auszuschließen, werden die Proben durch einen 200 Kilo schweren Betoncontainer mit Bleiummantelung geschützt.
Die verlassene Stadt Pripyat, einige Kilometer vom Tschernobyl-Reaktor entfernt. Die Stadt war so etwas wie ein "Russischer Traum" mit Sportstadion und Schwimmbaedern. Trotz...
Die IAEO darf nicht länger die Unfallfolgen von Tschernobyl verharmlosen, fordert Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace Deutschland. Die IAEO geht von viel zu wenigen Opfern der Katastrophe aus. Zudem hat sie mehrfach empfohlen, wieder Menschen in den hochbelasteten Gebieten außerhalb der 30 Kilometer-Sperrzone anzusiedeln. Während die IAEO von 4000 Krebstoten als Folge des Super-GAUs spricht, führt ein vergangene Woche veröffentlichter Greenpeace-Bericht rund 90.000 zu erwartende Tote auf die Reaktorkatastrophe zurück.

Die Umweltschützer fordern, auf diese Ansiedlung zu verzichten und die Opferzahlen zu berichtigen. Die IAEO muss sich der Verantwortung stellen, die sich aus der Katastrophe von Tschernobyl ergibt, so Smital. Zusammen mit den hochradioaktiven Bodenproben wollen die Umweltschützer IAEO-Chef Mohammed el-Baradei einen Brief mit den Forderungen übergeben.

Die weit außerhalb der Tschernobyl-Sperrzone mit Schutzausrüstung genommenen Proben wurden vor Ort in einem ukrainischen Labor untersucht. Die Messergebnisse sind so hoch, dass die Erde nach EU-Richtlinie 96/29 als radioaktiver Abfall betrachtet werden muss. Die Strahlen-Grenzwerte werden um das 10- bis 25-Fache überschritten.

Was für uns hier hochgefährlicher Atommüll ist, ist in der Ukraine der Boden, auf dem die Menschen wieder leben sollen, so Jan Vande Putte, Atomexperte von Greenpeace International. Unsere Bodenproben zeigen, dass eine Rücksiedelung für die Anwohner mit ernsthaften gesundheitlichen Gefahren verbunden sein könnte.

Greenpeace fordert die Mitgliedsländer der IAEO auf, bei der nächsten Generalversammlung die Ausrichtung der Organisation grundsätzlich zu ändern. Artikel 2, in dem die Förderung der Atomkraft festgeschrieben ist, muss entfernt werden. Dieser Artikel steht in direktem Widerspruch zur Kontrollfunktion der IAEO. Weltweit müssen die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, um weitere Unfälle wie den in Tschernobyl zu verhindern, erklärt Smital. Die IAEO muss diesen Atomausstieg überwachen.

20 April 2006

UBA: Schluss mit Leerlaufverlusten: Abschalten, Energie sparen, Klima schützen

Umweltbundesamt präsentiert sich auf Fachmesse Energie bei der Hannover-Messe
Pressemitteilung mweltbundesamt.de

Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als vier Milliarden Euro durch den falschen Betrieb von Elektrogeräten verschwendet. Privathaushalte kostet diese Energieverschwendung durchschnittlich 85 Euro im Jahr. Die Ursache: Elektrogeräte befinden sich ständig in Bereitschaft (Stichwort: Stand-by-Betrieb) oder verbrauchen Energie auch dann, wenn sie scheinbar ausgeschaltet sind (Stichwort: Schein-Aus). Es wird buchstäblich Geld für Nichts ausgegeben. Aber wer Energie verschwendet, schadet nicht nur seinem Geldbeutel, sondern auch der Umwelt. Weniger Energieverbrauch hingegen hilft, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern und leistet somit einen Beitrag zum Umweltschutz. Welchen Umfang die Energieverschwendung in Wohnzimmer und Büro erreichen kann, demonstriert das Umweltbundesamt (UBA) vom 24. bis 28. April 2006 an seinem Informationsstand auf der Fachmesse Energie im Rahmen der Hannover-Messe.

Eine Vielzahl typischer Geräte aus Wohnzimmer und Büro vermitteln Besucherinnen und Besuchern einen unmittelbaren Eindruck vom Ausmaß dieser alltäglichen Energieverschwendung. Darunter befindet sich auch ein skurriles Beispiel: Ein „High-Tech-Toaster”, der nach dem Toasten in einen Bereitschaftsmodus schaltet, die zuletzt gewählte Röstzeiteinstellung speichert und munter weiter Strom verbraucht.

Das Umweltbundesamt zeigt auf der Fachmesse Energie, wie man mittels eines einfachen Messgerätes einen unnötigen Energieverbrauch aufspüren kann. Ist dieser erst einmal entdeckt, können Verbraucherinnen und Verbraucher viel dafür tun, um die Leerlaufverluste im Haushalt und am Arbeitsplatz zu senken. Oft ist dies allerdings unbequem oder schwierig, weil der Ausschalter auf der Geräterückseite angebracht ist oder ganz fehlt. Auch eingebaute Geräte und schwer zugängliche Steckdosen sind Hürden. Deshalb ist es aus Sicht des UBA erforderlich, bei der Umsetzung der neuen Ökodesign-Richtlinie der Europäischen Union dafür zu sorgen, dass Elektrogeräte in Zukunft so gestaltet sind, dass sie ein energiesparendes Nutzerverhalten erleichtern.
Erstmals auf der Fachmesse Energie zeigt das UBA eine innovative und einfach zu bedienende Steckerleiste, mit der nahezu jedes Gerät komfortabel und sicher vom Netz getrennt werden kann.

Eine kleine Energiespar-Sensation ist die Standbeleuchtung am Informationsstand des UBA. Zum ersten Mal wird ein Messestand komplett mit neuartigen leistungsstarken Leuchtdioden-(LED)Lampen beleuchtet. Die eingesetzten Leuchtdioden verfügen über eindrucksvolle Eigenschaften: Sie halten circa tausendmal so lange wie herkömmliche Glühbirnen, sind nicht anfällig für Erschütterungen, erzeugen kaum Wärme, enthalten keine schädlichen Füllgase, verursachen keine UV-Strahlung und verbrauchen deutlich weniger Strom als Glühlampen. Der Gesamtverbrauch aller auf dem Informationsstand installierten Strahler liegt unter dem eines einzigen Halogenstrahlers, der üblicherweise auf Messeständen eingesetzt wird.

Das UBA ist auf der Fachmesse Energie der Hannover-Messe vom 24. bis 28. April 2006 (Messegelände Hannover) in Halle 13 an Stand B 40 zu finden.

Ausführliche Informationen über Leerlaufverluste, deren Entdeckung und Bekämpfung finden sich auf der Internetseite der Aktion No-Energy (www.no-e.de).

Über innovative, Strom sparende, Lichtsysteme informiert unter anderem die Firma Zweibrüder® Optoelectronics Solingen (www.zweibrueder.com/), die die Standbeleuchtung geliefert hat.

Dessau, den 20.04.2006

18 April 2006

Folgen von Tschernobyl werden verharmlost

Berlin, 18.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Greenpeace veröffentlicht neuen Gesundheitsreport

Die gesundheitlichen Folgen für die von der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl vor 20 Jahren betroffenen Menschen sind viel weitreichender als bislang angenommen. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Umweltschutzorganisation Greenpeace heute in Berlin, Kiew und Amsterdam veröffentlicht. Genaue Opferzahlen können nach dem Bericht nicht genannt werden, weil sich die gesundheitlichen Folgen noch lange nicht abschließend beurteilen lassen. Klar wird aber, dass die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) mit 4000 Toten ein zu harmloses Bild zeichnen. Der Report fasst viele bislang im Westen nicht berücksichtigte Studien unter anderem aus dem russischen Sprachraum zusammen.

Keiner kann sicher sagen, wie viele Menschen an den Folgen von Tschernobyl sterben werden. Dazu sind die Auswirkungen der Radioaktivität zu vielfältig und ist die Datenlage zu ungenügend. Wer behauptet, es hätte 4000 Opfer gegeben, leugnet die Schwere dieses Unglücks und ignoriert das Leid unzähliger Menschen, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace.

Der Bericht zeigt, dass die Strahlenbelastung durch den Super-GAU in Tschernobyl am 26. April 1986 ein sehr breites Spektrum von Krankheiten hervorruft. Über die Häufigkeit von Erkrankungen, insbesondere Krebs, gibt es vielfältige Aussagen. Die Zahlen der IAEO liegen am unteren Ende der Schätzungen. Neueste Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften kommen für die Länder Weißrussland, Ukraine und Russland alleine auf 270.000 zusätzliche Krebserkrankungen, von denen voraussichtlich 93.000 tödlich enden werden. Weitere Studien vermuten noch weitaus höhere Folgen.

Selbst die IAEO geht in ihren Schätzungen eigentlich von mehr Todesopfern aus, als sie öffentlich erklärt. Dazu muss man das Kleingedruckte ihrer Studie lesen. Was die Behörde da betreibt, ist bewusste Verharmlosung des schlimmsten Unfalls der Atomkraft. So verschafft sie der Atomindustrie genehmere Zahlen für die weltweit über 440 Atomkraftwerke, erklärt Breuer.

Für andere Erkrankungen als Krebs zeigen die Untersuchungen einen Anstieg der Krankheitsfälle in belasteten Gebieten im Vergleich zu unbelasteten. Vermutlich greift radioaktive Strahlung das Immunsystem der Menschen an und verändert außerdem ihr Erbgut. Zwar lässt sich der Zusammenhang mit der Strahlung im Einzelfall nicht belegen, die Zahlen legen diesen Verdacht jedoch nahe.

Greenpeace fordert den weltweiten Ausstieg aus der Atomkraft. Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass die IAEO die Förderung der Atomkraft aufgibt und statt dessen den weltweiten Atomausstieg beaufsichtigt.

12 April 2006

Greenpeace legt Bericht zum Zustand der Schutzhülle in Tschernobyl vor

Hamburg, 12.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Reaktor in Tschernobyl ist Gefahr für die Umwelt


Der Zustand des havarierten Reaktors 4 des Atomkraftwerkes Tschernobyl in der Ukraine ist zwanzig Jahre nach dem Unfall katastrophal. Das geht aus einem Bericht hervor, den Greenpeace heute vorlegt. Die Schutzhülle aus Stahl und Beton, mit der die Reaktorruine von der Umwelt abgeschottet werden soll, ist vom Einsturz bedroht. Von acht Projekten, mit denen der so genannte Sarkophag stabilisiert werden sollte, sind nur drei umgesetzt worden. Ursprünglich sollten die Maßnahmen bis 2006 abgeschlossen sein. Bis heute gibt es kein Gesamtkonzept zur langfristigen Absicherung der Ruine.

In den letzten 20 Jahren ist viel zu wenig geschehen, um die Region vor dem explodierten Reaktor zu sichern, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Auch die Atomindustrie und der Einsatz von Milliarden Steuergeldern aus den Staatskassen der Industrieländer brachten keine Lösung für Tschernobyl.

Die Schutzhülle wurde im ersten halben Jahr nach der Reaktorkatastrophe hastig und unter schwierigsten Bedingungen errichtet. Die Konstruktion ist instabil. In der Außenwand klaffen Löcher, durch die der Wind radioaktiven Staub herausbläst und Regenwasser eindringt. Würde der Reaktor einstürzen, würde eine radioaktive Staubwolke die Menschen in der Region erneut bedrohen und zusätzlichen Strahlenbelastungen aussetzen.

Dieser Gefahr will das Konsortium aus 28 Geberländern und der ukrainischen Regierung mit zwei Maßnahmen begegnen. Der Sarkophag soll wie bislang geplant stabilisiert und ausgebessert werden. Zudem soll eine neue große Schutzhülle über den Reaktor geschoben werden. Dieses Projekt weist zwei schwere Mängel auf: Es bietet keine Lösung für das Hauptproblem, die hochgradig radioaktive Masse, zu der die Brennstäbe mit dem Baumaterial des Reaktors vor 20 Jahren verschmolzen. Was mit dieser Masse passieren soll, wie sie geborgen oder behandelt werden soll - dazu findet sich nichts in dem Plan. Außerdem ist auch die zweite Schutzhülle nur eine Übergangslösung: Sie soll 50 bis 100 Jahre halten.

Damit überlassen wir die Probleme von Tschernobyl den nachfolgenden Generationen, weil niemand in der Lage ist, die Folgen der Katastrophe auch nur annähernd zu lösen, erklärt Breuer. Die Baustelle Tschernobyl zeigt: Wir Menschen beherrschen nicht einmal die Aufräumarbeiten eines Atomunfalls. Geschweige denn die Atomkraft selber.

Greenpeace fordert, alle Atomkraftwerke so schnell wie technisch möglich abzuschalten und die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) umzuwandeln: Sie soll nicht länger die zivile Nutzung der Atomkraft fördern, sondern den weltweiten Ausstieg aus der Atomkraft beaufsichtigen.

07 April 2006

365 Gründe gegen Atomkraft

Hamburg, 07.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Neuer Greenpeace-Jahreskalender erinnert jeden Tag an einen atomaren Vorfall

Die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl und die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren die schlimmsten Ereignisse in der Geschichte der Atomkraft. Sie sind aber nur die Spitze eines Eisbergs. In einem Kalender, den Greenpeace heute veröffentlicht, nehmen sie drei Tage ein. Insgesamt 365 der gravierendsten Ereignisse hat Greenpeace aus Tausenden Unfällen und Atombombentests ausgewählt. Die Datensammlung zeigt für jeden Kalendertag einen Vorfall in der Geschichte der Atomkraft: Diebstahl von Atommaterial, einen Unfall in einer Atomanlage oder den Test einer Atombombe. Der Kalender beginnt mit dem 26. April, dem 20. Jahrestag des Unglücks in Tschernobyl.

Die heute 15-jährige Anja Pesenko erkrankte als kleines Kind an Krebs. Trotz einer gelungenen Operation wurde sie nicht mehr gesund. Wahrscheinlich wird sie ihr Bett nie mehr...
Der Rückblick zeigt Atomkraft als verheerende Technik. Sie war und ist nicht beherrschbar, Fehler führen zu katastrophalen Folgen, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Wo Radioaktivität in größeren Mengen austritt, verstrahlt sie ganze Regionen und gefährdet die Menschen. Diese Gefahren lassen sich nur ausschließen, wenn wir die Atomkraft aufgeben.

Während am 24. Dezember 1967 in vielen Regionen der Welt Weihnachten gefeiert wurde, verseuchten im chinesischen Lop Nor oberirdische Atombombentests weite Gebiete. Als Frankreich am 14. Juli 1961 wie jedes Jahr seinen Nationalfeiertag beging, kam es im russischen Tomsk zu einer unkontrollierten Kettenreaktion in einer Urananreicherungsanlage. Und am Neujahrstag 1992 musste im indischen Atomreaktor Rajasthan das Notkühlsystem aktiviert werden, um nach einem Auslaufen von schwerem Wasser Schlimmeres zu verhindern.

In allen Industrieanlagen passieren täglich Unfälle, das ist gar nicht zu vermeiden. Das gilt auch für Atomkraftwerke. Wer behauptet, Atomkraft sei sicher, hat nie die lange Liste der Vorfälle gesehen, sagt Breuer.

Nicht nur von Atomkraftwerken geht Gefahr aus. Alle Atomanlagen, wie Lagerstätten für Atommüll und Wiederaufbereitungsanlagen, bergen unangemessene Risiken für Mensch und Umwelt. Auch hier ereignen sich Unfälle, bei denen radioaktives Material austritt. Auch hier verschwindet immer wieder radioaktives und sogar bombenfähiges Material.

Greenpeace fordert, Atombomben weltweit abzurüsten, alle Atomkraftwerke so schnell wie technisch möglich abzuschalten und die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) umzuwandeln: Sie soll in Zukunft den weltweiten Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft kritisch begleiten.

03 April 2006

Unverklemmte AKW-Clementis

Die gestrige "Welt am Sonntag" präsentiert einen ganzseitigen Artikel von Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement zu Merkels Energie-Gipfel. Titel: "Nukleartechnik unverklemmt fördern"
Endlich mal einer "unverklemmt" und dabei war er mir gar nicht verdächtig, aber er meint ja nicht sich, sondern solche wie mich.
Clement outet sich als Bekehrter, denn vor fünf Jahren habe er zwar für den Atomausstieg votiert, aber seither habe "sich das globale Energieszenario von Grund auf verändert".

"Von Grund auf verändert" ???
Alles dreht sich, vieles zumindest, ändert sich, fließt usw., "grundlegende Veränderungen" sind schon seltener. Im Gegenteil hat sich der Energieverbrauch noch erhöht und die "zivile Kernenergienutzung" erweist sich noch mehr - ja eigentlich dem letzten Idioten - als militärische und terroristische Sicherheitsfalle. Aber das stört Herrn Clement nicht. Er will raus aus dem "Ausstieg" und fordert sogar den Wiedereinstieg in die direkte Subventionierung der Atomindustrie.
"Unverklemmt" schlägt Clement die Brücke zwischen Untergang und Atom-Optimismus - "Das sind gewaltige Dimensionen und - wie ich meine - auch gewaltige Chancen für die deutsche Wirtschaft." - meint er und betont immer wieder, dass es seine Meinung ist. Niemand kann ihm das Gegenteil beweisen.
Aber tatsächlich hat sich etwas "grundlegend verändert": Wolfgang Clement wurde in den RWE-Aufsichtsrat gewählt.
-markus rabanus- >> Diskussion

Greenpeace verlangt zum Energiegipfel: Kein Foulspiel auf Kosten der Umwelt

Berlin, 03.04.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Ein Fußball voller Warnungen

Lassen Sie sich nicht zum Spielball der Konzerne machen, Frau Merkel! - Diese Botschaft gibt Greenpeace den Politikern heute Abend zum Energiegipfel mit. Sie steht auf einem Fußball, den ein Greenpeace-Aktivist zu Beginn der Verhandlungen ins Bundeskanzleramt schießt. Darauf steht weiter: Keine Laufzeitverlängerung für Atomkraft! Kein Verschenken von CO2-Zertifikaten! Keine schmutzigen Deals auf Kosten des Klimas! Zehn weitere Umweltschützer in Fußballtrikots halten ein Banner mit der Aufschrift: Keine Verlängerung für Atomkraft.

Auf dem Energiegipfel geht es um die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland. Das ist ein guter Zeitpunkt, um sich von den Risiken der Atomkraft, von den klimazerstörenden Kohlekraftwerken und von der Abhängigkeit importierter Rohstoffe zu verabschieden, erklärt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Heute können die Weichen für eine effiziente Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien gestellt werden. Dafür muss aber die Vernunft siegen, nicht die Profitinteressen der Konzerne. Jetzt ist Angela Merkel am Ball.

Obwohl offiziell nicht Thema des Gipfels, versuchen RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW, die Politiker auf eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke einzuschwören. Atomkraft ist keine Lösung für eine nachhaltige und moderne Energieversorgung für Deutschland, hält Breuer dagegen. Atomkraft ist hochgradig gefährlich, der Rohstoff Uran reicht nur noch für 65 Jahre und die Menschen in Deutschland wollen sie nicht. Mit dem Atomausstieg wurde dieser Überzeugung des überwiegenden Teils der deutschen Bevölkerung Rechnung getragen. Breuer weiter: Mit den geplanten Anträgen auf Laufzeitverlängerung der altersschwachen Reaktoren in Biblis, Brunsbüttel und Neckarwestheim haben die Energiekonzerne den Atomkonsens aufgekündigt.

Greenpeace warnt davor, die Verhandlungen über die zukünftige Energiepolitik durch faule Deals zu gefährden. Derzeit steht vor allem der Streit um längere Laufzeiten für Atomkraftwerke im Vordergrund. Doch es droht die Gefahr, dass im Schatten dieses Konflikts entschieden wird, den Bau von klimaschädlichen Kohlekraftwerken zu fördern. Schon im Vorfeld des Gipfels hatte die Energiewirtschaft ein so genanntes Geschäft angekündigt. Sie wäre bereit, Milliarden in neue Kraftwerke zu investieren, wenn ihr die Regierung bei der kostenlosen Vergabe von CO2-Zertifikaten entgegen käme. Die Industrie verschweigt allerdings, dass die Kraftwerke in jedem Fall erneuert werden müssen. Eine massive Förderung von Kohlekraftwerken durch kostenlose CO2-Zertifikate würde zudem die langfristigen Klimaschutzziele der Bundesregierung torpedieren.