27 März 2009

Greenpeace: GAU wie in Harrisburg jederzeit möglich

Vor 30 Jahren kam es zur Teil-Kernschmelze im Atomkraftwerk Three Mile Island
Pressemitteilung greenpeace.de

Der größte anzunehmende Unfall (GAU), der vor 30 Jahren das US-amerikanische Atomkraftwerk Three Mile Island bei Harrisburg in Pennsylvania erschütterte, könnte jederzeit wieder passieren. Denn die Gefahr eines „Blindfluges“ der zuständigen Reaktortechniker entlang möglicherweise fehlerhafter Messinstrumente, der am 28. März 1979 zu einer teilweisen Kernschmelze des Reaktors führte, ist nach Ansicht von Greenpeace auch in heutigen AKW noch möglich. Zum 30. Jahrestag des GAU beschäftigt sich jetzt eine Greenpeace-Recherche mit den Ursachen und Auswirkungen des Unfalls.

"Wie es in der riesigen und komplexen Reaktoranlage wirklich aussieht, das weiß im laufenden Betrieb keiner der Ingenieure, erklärt Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Ein kleiner Fehler im Reaktorsystem, den die Anzeigeinstrumente nicht korrekt wiedergeben, dann die falschen Reaktionen einer Betriebsmannschaft und der GAU ist vorprogrammiert. Die Lehre aus Harrisburg kann nur lauten, den gefährlichen Blindflug in den AKW, ob bei US-Betreiberkonzernen oder bei RWE in Deutschland, mit einem Ausstieg aus der Atomenergie weltweit auszuschalten, verlangt Smital.

In dem erst drei Monate zuvor ans Netz gegangenen 1000 Megawatt-Druckwasserreaktor führten der Ausfall der Hauptspeisewasserpumpen, ein verklemmtes Ventil im primären Kühlkreislauf und Fehler der Betriebsmannschaft zur teilweisen Kernschmelze. Nur ein glücklicher Zufall verhinderte die Zerstörung des Reaktors und die komplette Freisetzung des tödlichen Inventars.

200.000 Menschen flohen im Nordosten der USA vor der Bedrohung. Wieviel Radioaktivität tatsächlich freigesetzt wurde, ist bis heute unklar. Die Messfühler in den Abluftkaminen des AKW waren ausgefallen. Für die Strahlenüberwachung der Umgebung gab es nicht genügend Messgeräte. Nach offiziellen Angaben lag die Strahlenbelastung der Bevölkerung weit unter der natürlichen Hintergrundstrahlung. 1997 wies jedoch der Epidemiologe Dr. Steven Wing auf Grundlage der offiziellen Daten eine 8-10fach erhöhte Leukämierate in den betroffenen Regionen nach. Die Lungenkrebserkrankungen stiegen in Windrichtung der Anlage um 30 Prozent. Alle früheren verharmlosenden Studien hatte die Atomindustrie bezahlt.

Dieser GAU markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Atomenergienutzung. Von 1980 bis 1998 sank die in Bau befindliche Kraftwerksleistung von 160 Gigawatt kontinuierlich auf 25 Gigawatt. Heinz Smital: Die deutschen Energiekonzerne setzen heute auf Vergessen und Verdrängen dieser unbeherrschbaren Gefahr, wenn sie unter dem Deckmantel von Klimaschutz und angeblich billigem Strom für Laufzeitverlängerungen plädieren."

04 März 2009

Greenpeace: Stromkonzerne sollen für Atommüll-Desaster in der Asse zahlen

Gegen den Versuch der Energiekonzerne, die Kosten für die Bergung des Atommülls im Salzstock Asse II auf den Steuerzahler abzuwälzen, protestieren zwölf Greenpeace-Aktivisten seit heute morgen vor der Berliner Vertretung des Energiekonzerns EnBW. Sie haben eine LKW-Ladung Pferdemist gespickt mit gelben Atommüllfässern vor dem Gebäude in der Friedrichstraße abgeladen. Auf einem Banner heißt es: Stromkonzerne: Wer Atommüll produziert, muss auch dafür zahlen. Greenpeace fordert die vier Stromkonzerne EnBW, RWE, Vattenfall und Eon auf, die Verantwortung als Verursacher des Atommülls im maroden Salzstock Asse II zu übernehmen und die Bergung des gefährlichen Abfalls zu bezahlen.
"EnBW, RWE und Co. haben jahrzehntelang vom Prinzip Asse profitiert: Erst am Atomstrom verdienen, dann den Atommüll in der nächstbesten Grube verklappen - und die Zeche soll dann der Steuerzahler zahlen. Das ist radioaktive Abzocke, sagt Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer.

63 Prozent der Radioaktivität im Endlager Asse stammt nach Recherchen von Greenpeace aus dem EnBW-Atomkraftwerk Obrigheim, sechs Prozent aus Abfällen aus RWE-Atomkraftwerken und weitere zwei Prozent aus Atommeilern von Eon und Vattenfall. Gutachter schätzen die Kosten für Rückholung, Neuverpackung und Endlagerung des Asse-Mülls auf rund 2,5 Milliarden Euro.

Das von Minister Hans-Heinrich Sander (FDP) geführte niedersächsische Umweltministerium veröffentlichte im September 2008 einen Statusbericht zur Schachtanlage Asse II. Dieser Bericht erweckt den falschen Eindruck, dass nur ein Prozent des radioaktiven Inventars aus Atomkraftwerken, aber fast 90 Prozent aus Forschungsabfällen stamme. Zwar wurden diese Abfälle aus dem Forschungszentrum Karlsruhe angeliefert, dennoch sind sie keine Forschungsabfälle. Nachweislich haben die Stromkonzerne große Teile des radioaktiven Abfalls aus ihren Atomkraftwerken über das Forschungszentrum entsorgt. Lediglich sechs Prozent der Asse-Radioaktivität lassen sich eindeutig dem Forschungsbereich zuordnen.

Der Bericht legt die Vermutung nahe, Minister Sander wolle die Herkunft der Abfälle bewusst verschleiern, erklärt Tobias Münchmeyer. Aber eine genaue Prüfung zeigt, dass die Atomkraftwerke eindeutig die Hauptverursacher sind."


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