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09 April 2003

Falscher Weg einer "Härtefallregelung" für Vielverbraucher

Bundesregierung beschließt Härtefallregelung für stromintensive Unternehmen
Pressemitteilung BMU.de

Auf Vorschlag von Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat das Bundeskabinett heute eine Härtefallregelung für stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes beschlossen. Einzelne Unternehmen können künftig teilweise vom Kostenanteil für den Bezug von Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befreit werden. Für diese Ausnahmeregelung muss das betreffende Unternehmen nachweisen, dass der EEG-Kostenanteil maßgeblich zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsfähigkeit führt. Ziel des vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurfs ist es, eine solche Beeinträchtigung zu vermeiden. Die neue Regelung wird bis zum 1.7. 2004 befristet. Eine endgültige Regelung soll mit der großen Novelle des EEG erfolgen.

Nach dem EEG sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) verpflichtet, anteilig Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und mit dem bundesweit einheitlichen Satz zu vergüten. Im Ergebnis werden so alle EVU zu prozentual gleichen Anteilen zur Stromabnahme und -vergütung verpflichtet. Die Differenzkosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien können von den EVU an ihre Kunden weitergegeben werden. Dabei ist nicht auszuschließen, dass einzelne stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes von diesen Kosten besonders betroffen sind.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, eine erhebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu vermeiden. Deshalb soll in bestimmten Fällen, in denen die Weitergabe der durch das EEG entstehenden Kosten maßgeblich zu einer unbeabsichtigten Härte im Sinne einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit führt, die EEG-Strommenge begrenzt werden können, die von dem EVU anteilig an Unternehmen weitergegeben werden darf. Über die Anträge soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) entscheiden.

Die Begrenzung darf nur erfolgen, soweit ein Unternehmen u.a. nachweist, dass und inwieweit sein Stromverbrauch aus dem Netz für die allgemeine Versorgung in den letzten zwölf abgeschlossenen Kalendermonaten an einer Abnahmestelle 100 Gigawattstunden überstiegen hat und das Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung des Unternehmens 20 Prozent überschreitet.

Bundesumweltminister Trittin: "Mit der Gesetzesänderung zeigt die Bundesregierung, dass sie schnell auf vorhandene Wettbewerbsbeeinträchtigungen reagiert und bereit ist, Hilfe für diejenigen Unternehmen zu leisten, die am meisten betroffen sind." Trittin betonte, dass ein funktionierender Wettbewerb auf dem Strommarkt ausreichende Markt- und Preistransparenz voraußetzt. Wesentliche Bedingung dafür sei ein diskriminierungsfreier und ungehinderter Netzzugang aller interessierten Anbieter und Nachfrager, so der Bundesumweltminister. Um dies zu gewährleisten, soll spätestens bis Mitte nächsten Jahres eine Wettbewerbsbehörde eingerichtet werden. Die Behörde soll insbesondere die Preisgestaltung der Netzbetreiber überprüfen. Trittin: "Mehr Transparenz auf dem Strommarkt wird sich letztendlich positiv auf die Strompreise auswirken und somit den Verbrauchern zugute kommen."

Das EEG zielt darauf ab, den Beitrag der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen. Ziel der Bundesregierung ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bis 2010 gegenüber 2000 auf 4,2 Prozent und am Stromverbrauch auf 12,5 Prozent zu verdoppeln. Deutschland leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Ziel der EU, den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von 14 Prozent (1997) auf 22 Prozent (2010) zu erhöhen. Bis Mitte des Jahrhunderts sollen erneuerbare Energien rund die Hälfte des Energieverbrauchs decken. Die Bundesregierung strebt dabei an, dass die erneuerbaren Energien mittel- bis langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit im Energiebinnenmarkt erreichen.

Der heute vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf wurde dem Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet.

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KOMMENTAR der Redaktion:

Der Ansporn zur Energiesparsamkeit, Erzeugung und Verbrauch erneuerbarer Energie kann NICHT gelingen, wenn der Industrie weiterhin der rabattierte Atomstrom gestattet wird. Das ist phantasielose Politik, denn die Bundesregierung soll zwar der deutschen Industrie keine internationalen Wettbewerbsnachteile bescheren, aber Kompensation für die Energiemehrkosten könnte "in Härtefällen" besser über Steuernachlässe geschehen. So aber fehlen ausgerechnet die Vielverbraucher als Kraft zur Energiewende.

Markus Rabanus >> Diskussion