24 April 2010

120 Kilometer lange Menschenkette für schnelleren Atomausstieg

Hamburg / Brunsbüttel (Deutschland), 24.04.2010 – Rund 120.000 Gegner der Nutzung der Kernenergie beteiligten sich heute an einer der größten Anti-Kernkraft-Aktionen der vergangenen Jahre. Sie bildeten eine Menschenkette zwischen den beiden norddeutschen Kernkraftwerk-Standorten Brunsbüttel und Krümmel, die eine Länge von bis zu 120 Kilometern erreichte. Sie führte unter anderem quer durch Hambung und durch das dünn besiedelte Schleswig-Holstein.

Unter dem Motto „Kettenreaktion – Atomkraft abschalten“ wollten die Demonstranten am 24. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ein Zeichen setzen für den Ausstieg aus der Kernenergie. Zahlreiche Bündnisse hatten zu einer Beteiligung aufgerufen beziehungsweise sich beteiligt: unter anderem die SPD, die Grünen, die Gewerkschaften und Umweltverbände. Entlang der Menschenketten waren zudem sieben Veranstaltungsbühnen aufgebaut, die für Kundgebungen und Konzerte genutzt wurden.

Auch in Biblis, dem Standort eines Kernkraftwerks im Bundesland Hessen, demonstrierten 8.000 Kernkraftgegner. Sie umzingelten das Kraftwerk ebenfalls mit einer Menschenkette. Insgesamt blieben die Proteste friedlich, ... >> Diskussion

22 April 2010

Originalakten zeigen: Asse war Test für Gorleben

Greenpeace stellt weitere Dokumente zur Endlagersuche ins Internet
22.04.2010, veröffentlicht von Talassa Bremer
In dem maroden Endlager Asse II sollten Einlagerungsversuche mit hochradioaktiven Abfällen durchgeführt werden. Diese sollten die Grundlage schaffen für die Endlagerung stark strahlenden Atommülls in einem Salzstock. Das geht aus Originaldokumenten hervor, die Greenpeace heute ins Internet stellt. Die Umweltschutzorganisation erweitert damit ihre vergangene Woche vorgestellte Online-Datenbank zum geplanten Endlager in Gorleben. Die jetzt veröffentlichten Unterlagen stammen aus dem Bundesinnenministerium und der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung aus den Jahren 1976 und 1983.
Aus den Akten geht auch hervor, dass Versuche mit Heizelementen in der Asse frühzeitig abgebrochen wurden. Mit diesen sollte die Wärmeentwicklung des hochradioaktiven Atommülls simuliert werden. Doch man fürchtete, den eingesetzten Erhitzer nicht mehr bergen zu können, nachdem ihn das Salz der Asse eingeschlossen hätte. Greenpeace fordert Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) erneut auf, den ungeeigneten Endlagerstandort Gorleben sofort aufzugeben.

Nur um die Kosten eines Heizelementes zu sparen, sind Versuche abgebrochen worden, die die Grundlage für ein sicheres Endlager bilden sollten, so Mathias Edler, Atomexperte bei Greenpeace. Die Papiere beweisen, wie schlampig die für unzählige Generationen entscheidende Frage der Endlagerung hochradioaktiver Abfälle behandelt wurde. Trotzdem soll die politische Entscheidung für Gorleben durchgedrückt werden.

Wissenschaftler forderten Erprobung von Salzgestein

Im Positionspapier zur Entsorgung der Kernkraftwerke verlangten Fachleute der Bundesministerien für Inneres, Forschung und Wirtschaft im Jahr 1976 eine Eignungsprüfung für die Einlagerung hochradioaktiver Abfälle in Salz. Ein Endlager in einem Salzstock dürfe nur in Betrieb gehen, wenn entsprechende Einlagerungs-Versuche mit hochradioaktivem Müll in der Asse erfolgreich abgeschlossen wurden.

Mit der Eignung des Endlagerstandortes Gorleben befasst sich seit heute auch ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags. Wurden die Forderungen der Wissenschaftler dem politischen Druck preis gegeben?, fragt Mathias Edler. Wo sind die Ergebnisse der entscheidenden Versuche mit hochradioaktiven Abfällen in Salz? Wurden diese Versuche jemals gemacht oder soll Gorleben jetzt selbst zum Langzeitversuch werden - mit der Bevölkerung als Versuchskaninchen?

Diese und weitere bisher vertrauliche Originaldokumente zur Benennung und Eignung des geplanten Endlagers in Gorleben stellt Greenpeace der Öffentlichkeit Schritt für Schritt in einer umfangreichen Online-Datenbank zur Verfügung. Einsicht in die Akten der Niedersächsischen Staatskanzlei, des Niedersächsischen Umweltministeriums und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) erhielt Greenpeace nach dem Umweltinformationsgesetz. Mathias Edler: Das Asse-Desaster zeigt, dass Gorleben nicht haltbar ist. Das muss auch Umweltminister Röttgen einsehen und eine neue ergebnisoffene Suche einleiten.

13 April 2010

12.000 Seiten Gorleben-Dokumente ausgewertet

Greenpeace findet geheime Unterlagen über riesiges Laugenreservoir am geplanten Endlagerstandort
13.04.2010, veröffentlicht von Sigrid Totz

Die Benennung Gorlebens zum Standort für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) erfolgte 1977 aus politischen Gründen innerhalb weniger Wochen. Das zeigen Originaldokumente, die Greenpeace ab heute in einer umfangreichen Online-Datenbank der Öffentlichkeit Schritt für Schritt zur Verfügung stellt. Mit Veröffentlichung der bislang unter Verschluss gehaltenen Akten will Greenpeace jedem die Möglichkeit bieten, sich unabhängig von den Aussagen der Politik eine Meinung über den Verlauf der Standortentscheidung zu bilden. Unter anderem belegen die Unterlagen, dass Wassereinlagerungen im Salzstock Gorleben verschwiegen wurden, die zum Ausschluss des Standortes hätten führen müssen. Greenpeace fordert erneut, den Endlagerstandort Gorleben endgültig aufzugeben.


Details zu diesem Bild anzeigenArbeiter bei Abteufarbeiten auf der Schachtsohle im Salzstock Gorleben. Befunde unabhängiger Wissenschaftler belegen, dass der Salzstock Kontakt mit Grundwasser hat. Damit...Bildergalerie starten
Es hat aber nie ein wissenschaftliches Auswahlverfahren mit dem Salzstock Gorleben als bestem Ergebnis gegeben, sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. Das Verfahren war nie ergebnisoffen. Geologische Kriterien für ein Endlager im Salzstock spielten in allen Studien eine untergeordnete Rolle.

Eine politische Entscheidung wurde jedoch nötig, da nach der Atomgesetznovelle 1976 die Kraftwerksprojekte Biblis B, Unterweser und Brunsbüttel ohne Entsorgungsnachweis für den Atommüll akut gefährdet waren. Zudem mussten die AKW-Betreiber wegen fehlender Entsorgungsmöglichkeiten des radioaktiven Abfalls mit der drohenden Abschaltung laufender AKW ab 1981 rechnen. Albrecht beschied damals: 'Gorleben oder gar nicht', so Mathias Edler.

Einsicht in die Akten der Niedersächsischen Staatskanzlei, des Niedersächsischen Umweltministeriums und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) erhielt Greenpeace nach dem Umweltinformationsgesetz. Die Akten zeigen auch, dass Gorleben erst Mitte November 1976 ins Verfahren gelangte. Handschriftlich wurde das Ergebnis einer Studie des TÜV-Hannover, die das schleswig-holsteinische Nieby favorisierte, um den Standort Gorleben ergänzt. Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) verstieß mit der Benennung eines einzigen Standortes sowohl gegen heutige Maßstäbe als auch gegen die damals gültigen Bewertungskriterien seiner eigenen Beamten.

Bisher unbekanntes Dokument beweist Wassereinlagerungen im Salzstock

Aus Greenpeace vorliegenden Akten des BGR geht hervor, dass der Öffentlichkeit bei der späteren Erkundung des Salzstocks wesentliche Informationen vorenthalten wurden. Da der damalige Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Auswirkungen auf laufende Gerichtsverfahren im Streit um Gorleben befürchtete. Die BGR hielt zudem einen Vermerk des BfS vom 1. August 1996 unter Verschluss, nach dem auf der 840-Meter Sohle im geplanten Erkundungsbereich 1 ein Laugenreservoir von bis zu einer Million Kubikmetern vorhanden ist.

Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsgesetz hatte die Umweltorganisation seit August 2009 bei zwölf bundesdeutschen Behörden und Ministerien beantragt. Bis jetzt konnten 110 Aktenbände mit vertraulichen Kabinettsvorlagen, Gesprächsprotokollen, internen Vermerken und Studien mit mehr als 12.000 Einzelseiten ausgewertet werden.

Röttgen liegen nun die Beweise vor, um Gorleben endgültig zu schließen. Heute wie damals soll ein geologisch ungeeigneter Salzstock die Lösung für den Atommüll vorgaukeln, so Mathias Edler.