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20 Januar 2005

Klimaschutz und Atomausstieg kein Widerspruch

Effizienzsteigerung, Energiesparen und Ausbau erneuerbarer Energien entscheidend
Pressemitteilung BMU.de


Die Nutzung der Atomkraft ist keine Voraussetzung für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik. Stattdessen sind Effizienzsteigerungen bei der Energieumwandlung und der Energienutzung, sparsamer Umgang mit Energie in allen Bereichen und der Ausbau der erneuerbaren Energien wichtige Bausteine, die Anforderungen des Klimaschutzes zu erfüllen. Dies betont die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Grosse Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion, die sich nach den Konsequenzen des Ausstiegs aus der Atomenergie für Wirtschaft und Umwelt erkundigt hatte.

In der unter Federführung des Bundesumweltministeriums erarbeiteten Stellungnahme wird auf die bereits eingeleiteten Veränderungen im Energiemix verwiesen. So sind im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung die Ziele für einen Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Stromversorgung von mindestens 12,5 Prozent für 2010 und mindestens 20 Prozent für 2020 festgelegt. Insgesamt werden bis 2020 Kraftwerke mit einer Leistung von rund 40.000 Megawatt (MW) vom Netz gehen. Die Bundesregierung will die energiepolitischen Rahmenbedingungen so gestalten, dass Deutschland ein attraktiver Industrie- und Energiestandort bleibt und in der Energiewirtschaft eine möglichst große Zahl von Arbeitsplätzen gesichert wird.

Zusätzlich lassen sich sowohl bei Kohle- als auch bei Gaskraftwerken die Wirkungsgrade innerhalb der beiden kommenden Jahrzehnte wesentlich steigern. Längerfristig werden Möglichkeiten untersucht, Kohlendioxid kostengünstig und verlustarm am Kraftwerk abzutrennen und anschließend sicher zu speichern. Außerdem setzt der EU-Emissionshandel Anreize, in klimafreundliche Technologien zu investieren und konventionelle Kraftwerke zu modernisieren, beispielsweise zum beschleunigten Ersatz alter durch hochmoderne Braunkohlekraftwerke mit optimierter Anlagentechnik. Die Einführung des Emissionshandels mit dem 1. Januar 2005 erleichtert zudem Investitionsentscheidungen zugunsten kohlendioxidarmer Gaskraftwerke.

Zugleich betont die Bundesregierung in ihrer ausführlichen Stellungnahme, während der Restlaufzeiten der Atomkraftwerke werde es keine Abstriche bei der Sicherheit geben: "Die Bundesregierung unterstützt weiterhin Forschungsprojekte zur Reaktorsicherheit und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle, soweit sie mit Sicherheitsfragen der laufenden Atomkraftwerke und der Endlagerung in Zusammenhang stehen." Hingegen wird nukleare Sicherheitsforschung, die das Ziel hat, neue Reaktoren zu entwickeln, nicht unterstützt.

Zur Endlagerung radioaktiver Abfälle stellt die Bundesregierung klar, dass sie nach Abschluss der internen Vorbereitungen beim Bundesumweltministerium und der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung über die Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Regelung eines Standortauswahlverfahrens entscheiden wird. In einem noch durch den Bund festzulegenden ergebnisoffenen Verfahren soll ein geeigneter Standort für die Endlagerung radioaktiver Abfälle ausgewählt werden.

22 September 2004

Margareta Wolf: Globale Energiewende ist machbar

Pressemitteilung BMU.de

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Margareta Wolf, hat für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien geworben. Bei einem von der OECD organisierten Treffen in Paris erklärte Frau Wolf: "Die Bonner Konferenz hat ein gemeinsames Zeichen für eine globale Energiewende gesetzt. Auf diesem Weg müssen wir konsequent vorangehen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien schützt das Klima und bietet reale Entwicklungschancen, um Armut weltweit bekämpfen zu können."

Auf der Bonner Konferenz "renewables2004", die vom 1. bis 4. Juni dieses Jahres stattfand, hatten die Delegierten neue internationale Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien festgelegt. So sollen bis 2015 eine Milliarde Menschen mit Energie aus Sonne, Wind, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie versorgt werden. Auf der Konferenz war ein Aktionsprogramm mit fast 200 konkreten Maßnahmen beschlossen worden.

Margareta Wolf betonte vor Teilnehmern aus der ganzen Welt, dass es nun darauf ankomme, gemeinsam die Markteinführung der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Hierfür sei es notwendig, faire Bedingungen für den Zuggang zum Markt zu schaffen. Durch Forschungsanstrengungen und Fertigung in Großserie könnten die Kosten für die Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen gesenkt werden. So sei es in den letzten zehn Jahren gelungen, z. B. die Kosten für Photovoltaik-Anlagen zu halbieren, hob Frau Wolf hervor.

19 Januar 2004

Greenpeace: Europa braucht 20 Prozent Erneuerbare Energien bis 2020

Europäische Konferenz für Erneuerbare Energien beginnt heute in Berlin

Berlin, 19.01.2004, veröffentlicht von Greenpeace Redaktion
Ein zwei Tonnen schweres Rotorblatt einer Windkraftanlage haben heute Morgen rund 60 Greenpeace-Aktivisten vor das Berliner Congress Center am Alexanderplatz getragen. Damit demonstrieren die Umweltschützer anlässlich der heute beginnenden EU-Konferenz zur Zukunft der Energiepolitik in Europa für verbindliche europaweite Ziele für Erneuerbare Energien. Auf Bannern fordern sie: Europa braucht ein Ziel für saubere Energien! 20 Prozent bis 2020.

Delegierte aus den neuen und alten EU-Mitgliedsländern verhandeln auf dem dreitägigen Treffen unter der Schirmherrschaft von EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio und Bundesumweltminister Jürgen Trittin über die zukünftige Energiepolitik in Europa. Damit bereiten sie sich auf die Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien (renewables 2004) vor, die von 1. bis 4. Juni in Bonn stattfindet. Von herausragender Bedeutung ist eine Einigung, welches Ziel bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll. Um das Klimaschutzabkommen von Kyoto zu erfüllen, hat die EU bereits festgelegt, Erneuerbare Energien bis 2012 auf einen Anteil von 12,5 Prozent an der Strom- und Wärmeerzeugung zu heben. Greenpeace hält dagegen 20 Prozent bis 2020 für technisch machbar.

Diese Konferenz bietet eine große Chance für den Schutz des Klimas, sagt Greenpeace-Energieexperte Sven Teske. Wenn sich Europa jetzt auf fortschrittliche Ziele für Erneuerbare Energien einigt, ist das ein wichtiger Schritt zum internationalen Solargipfel in Bonn. Die EU-Länder dürfen sich aber nicht dem Druck der Energiekommissarin Loyola de Palacio beugen. Sie redet der Kohle- und Atomlobby nach dem Mund und tut alles, um Erneuerbare Energien aufzuhalten.

Nachdem es im September 2002 auf dem UN-Gipfel in Johannesburg nicht zu einer Einigung gekommen war, hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Bonn zur renewables 2004 eingeladen. Inzwischen haben sich mehr als 80 Länder zu dem internationalen Gipfel angemeldet. Ein gemeinsames Ziel für die Industriestaaten Europas hätte eine wichtige Vorbildfunktion für die teilnehmenden Länder aus Asien, Afrika und Südamerika.

28 Oktober 2003

Jürgen Trittin: Durchbruch bei Harmonisierung der Energiesteuern wichtiger Schritt für den Klimaschutz

Pressemitteilung BMU.de

Die EU-Umweltminister haben auf ihrer Ratssitzung in Luxemburg eine Richtlinie zur Harmonisierung der Energiebesteuerung in der EU verabschiedet. Dazu erklärt Bundesumweltminister Jürgen Trittin:

"Eine stärker harmonisierte Energiebesteuerung in der EU ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und ein weiterer Schritt, die Verpflichtungen der Europäer aus dem Kyoto-Protokoll zu erfüllen. Der Beschluss ist auch ein rechtzeitiges Signal an die Beitrittsstaaten, die ihre Energiesteuern dem EU-Niveau anpassen müssen. Mit der Einigung konnte eine mehr als elf Jahre dauernde Diskussion zu einem Abschluss gebracht werden."

Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass grundsätzlich auf alle Energieträger Mindeststeuersätze erhoben werden müssen. Seit 1993 gibt es diese bereits für Mineralöle (Heizöle und Kraftstoffe), die aufgrund der jetzigen Einigung ab 2004 erhöht werden müssen. Neu sind Mindeststeuersätze auf Strom, Erdgas und Kohle. Das schafft Anreize zum Energiesparen und für Innovationen. Handlungsspielraum eröffnet die Richtlinie für die Mitgliedsstaaten insofern, als es nun grundsätzlich rechtlich möglich wird, Kerosin auf nationalen Flügen sowie auf Flügen zwischen Mitgliedsstaaten zu besteuern.

Die Mindestharmonisierung der EU-weiten Energiesteuern ist für Deutschland als Transitland in der Mitte Europas von großer Bedeutung, weil so der Tanktourismus insbesondere nach Polen und Tschechien eingeschränkt werden kann. Aber auch Nachbarstaaten wie Österreich, Belgien und Luxemburg werden z.B. ihre Dieselsteuersätze anheben müssen. Frankreich und Italien müssen ihre reduzierten Dieselsteuersätze für das Transportgewerbe bis spätestens Ende 2004 abschaffen. Damit verbessert die Bundesregierung gerade für die zahlreichen Grenzregionen Deutschlands die Wettbewerbsbedingungen und sichert dort Arbeitsplätze.

In der Bundesrepublik sind praktisch kaum Anpassungen an die harmonisierten Steuersätze notwendig. Deutschland hat durch der ökologische Steuerreform seine Hausaufgaben schon weitgehend erledigt.

19 Mai 2003

FALSCHER WEG: "Industriestrom ist billiger geworden"

Dieses Thema wiederholt sich. Die Wettbewerbsfähigkeit der dt. Industrie sollte zugunsten der Energiewende nicht durch rabattierten Atomstrom für Großverbraucher erfolgen, sondern wäre sinnvoller durch Steuernachlässe zu gewährleisten. (Redaktion, msr)

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Studie zur Belastung stromintensiver Betriebe durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgelegt
Pressemitteilung BMU.de


Industriestrom ist heute fast ein Drittel billiger als noch Mitte der Neunziger Jahre, trotz Erneuerbare-Energien-Gesetz und Ökosteuer. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme (IZES), Saarbrücken, das im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Belastung der stromintensiven Industrie durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) untersucht hat. Demnach hat der Umbau der Energieversorgung, weg von der Kohle und Atom, hin zu Sonne, Wind und Biomasse, den bundesdeutschen Durchschnittshaushalt im letzten Jahr (2002) nur einen Euro pro Monat gekostet. Eine besondere Subventionierung stromintensiver Betriebe durch Haushalte und kleine Unternehmen sei nicht gerechtfertigt. Netzbetreiber kassieren in Einzelfällen bis zum Doppelten des tatsächlich gerechtfertigten EEG-Aufschlages, so das Gutachten.

Die Großabnehmerpreise für Industriestrom in der Bundesrepublik sind zwischen 1995 und 2002 von rund 7,6 Cent pro Kilowattstunde auf rund 5,3 Cent gefallen. Diesem Rückgang um rund 30 Prozent steht ein EU-weiter Rückgang um nur 9 Prozent gegenüber. In den USA ist Industriestrom zwischen 1996 und 2002 sogar um 7 Prozent teurer geworden. Die Wettbewerbsposition Deutschlands hat sich also trotz Ökosteuer und EEG verbessert, so die Studie. Die Forscher errechneten, dass jedem Euro Belastung durch die von der rot-grünen Bundesregierung eingeleitete Energiewende rund acht Euro Entlastung infolge der Liberalisierung des Strommarktes und den Wegfall des Kohlepfennigs gegenüber stehen.

Das IZES ermittelte ein weiteres Entlastungspotential von rund einem Cent pro Kilowattstunde Industriestrom. Vor diesem Hintergrund erscheint den Gutachtern eine weitere Entlastung der stromintensiven Industrie nicht notwendig. Eine Entlastung käme allenfalls dann in Frage, wenn es sich um einzelne, besonders stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes handelt, die als Härtefall eingestuft werden können.

In der Praxis verlangen Stromnetzbetreiber von ihren Industriekunden derzeit nach Erkenntnissen der IZES-Forscher als EEG-Kostenaufschlag in Einzelfällen bis zu 0,66 Cent pro Kilowattstunde. Mit einem marktwirtschaftlichen Ansatz zu Errechnung eines fairen EEG-Aufschlages ermittelt das IZES demgegenüber einen anrechenbaren EEG-Zuschlag von allenfalls rund 0,31 Cent pro Kilowattstunde für das Jahr 2002, die volkswirtschaftlichen EEG-Mehrkosten betragen sogar nur 0,29 Cent pro Kilowattstunde.

Forderungen, die individuelle Belastung der Strom-Großverbraucher zu "deckeln", also eine Obergrenze des EEG-Zuschlags für stromintensive Betriebe gesetzlich zu definieren, erteilen die Gutachter eine klare Absage. Da sich dadurch der umzulegende Gesamtbetrag nicht verändere, bedeutet dies eine zusätzliche Belastung für kleine und mittlere Unternehmen sowie für private Haushalte.

Die Forscher haben Forderungen von Verbänden der Großindustrie, Stromkunden ab einem Jahresbedarf von 100.000 Kilowattstunden praktisch vollständig von den EEG-bedingten Kosten zu entlasten, für das Berechnungsjahr 2002 unter die Lupe genommen. In diesem Fall würden beispielsweise Industrie- und Gewerbekunden, die mit einem Jahresstromverbrauch von 80.000 Kilowattstunden die Grenze nicht ganz erreichen, die jährliche EEG-Zusatzbelastung um zwei Drittel erhöhen. Für private Kunden und Haushalte würde die Zusatzbelastung von 12 Euro auf 20 Euro ansteigen. Eine pauschale Minderung des EEG-Kostenanteils für Industriebetriebe nach diesem Modell wäre wohl kaum mit den Interessen aller Stromverbraucher vereinbar, so das Fazit der Gutachter.

10 April 2003

BMU, BMZ und BMBF fordern globale Energiewende

Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen (WGBU) übergibt Energiewende-Gutachten
Gemeinsame Pressemitteilung BMU/BMZ/BMBF BMU.de

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WGBU) hat heute sein Gutachten "Welt im Wandel - Energiewende zur Nachhaltigkeit" an Bundesumweltminister Jürgen Trittin, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, und den Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Uwe Thomas übergeben.

Das Gutachten des Beirates unterstreicht die Bedeutung einer globalen Energiewende sowohl für den Schutz des Weltklimas als auch für die Entwicklungschancen ärmerer Länder. "Eine zielgerichtete Entwicklung weg von den fossilen hin zu erneuerbaren Energiequellen ist aus ökologischen, ökonomischen und friedenspolitischen Gründen dringend erforderlich", sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Der Klimawandel beeinträchtige beispielsweise bereits heute schon in vielen Regionen die genetische Vielfalt. Es sei bereits heute absehbar, dass die Kosten für die Beseitigung der vom Klimawandel verursachten Schäden die Kosten für das Umsteuern bei weitem übersteigen würden. "Darüber hinaus gilt: Angesichts der Begrenztheit gerade der Ölvorräte der Welt muss eine nachhaltige Energieversorgung sich von der Abhängigkeit vom Öl befreien", sagte Trittin.

"Das Gutachten macht deutlich, dass eine Energiewende wichtiger Bestandteil der Armutsbekämpfung ist. Deshalb unterstütze ich die Nutzung erneuerbarer Energien nachdrücklich, gerade auch als Alternative zu fossilen Energieträgern", erklärte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bei der Übergabe. "Denn eines ist klar: Nur wenn der Zugang zu Energie gerecht verteilt ist, können wir bis zum Jahr 2015 den Anteil der absolut Armen an der Weltbevölkerung halbieren."

Wie der WBGU in seinem Gutachten feststelle, könne die globale Energiewende nur gelingen, wenn Entwicklungs- und Transformationsländer beim Aufbau nachhaltiger Energiesysteme unterstützt würden. "Dafür werden, wie in Johannesburg zugesagt, aus den Mitteln des Entwicklungsministeriums in den kommenden fünf Jahren insgesamt eine Milliarde Euro für den Energiesektor in Entwicklungsländern bereitstellen", betonte Wieczorek-Zeul. Davon würden 500 Millionen Euro für erneuerbare Energien und 500 Millionen Euro für Energiesparmassnahmen verwandt. "Bereits jetzt fördert das Entwicklungsministerium etwa 70 Projekte für erneuerbare Energien in 40 Ländern", sagte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Gleichwohl sind fossile Energieträger auf absehbare Zeit noch unverzichtbar. "Das Potential, um fossile Energien wesentlich effektiver umzuwandeln und zu nutzen als bislang, ist noch riesig", sagte Uwe Thomas, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. "Aber auch die wissenschaftlichen Grundlagen für das Ausschöpfen der Energie von Sonne und Wind werden ständig verbessert", so der Staatssekretär weiter.

07 März 2003

Energiepolitik und Risikokalkulation

von Redaktion am 7.Mar.2003 15:56 

Hallo Andreas,

die Filtersysteme für konventionelle Kraftwerke haben sich in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert.

In der Energiepolitik geht es auch weniger um den Vergleich von Kohlekraftwerken und Atomkraftwerken, sondern um

a) sparsamen Ressourceneinsatz, wovon wir in den Industrienationen mit unserer Wegwerf-Mentalität weit entfernt sind,

b) Energieerzeugung, die wie Wasserkraft, Windkraft, Geothermik, Solarenergie, Biowärme, Wärmerückgewinnung, Wärmekopplung allenfalls in der Anlagenherstellung und Entsorgung Schadstoffe anfallen lässt.

Die These, wonach ein GAU nur alle "100.000 Jahre" passieren könne, entstammt möglicherweise dem Werbeprospekt eines AKW-Herstellers, ist aber wissenschaftlich unsubstantiiert und würde auch bei Verifizierbarkeit bedeuten, dass sich mit jedem AKW die Katastrophenwahrscheinlichkeit erhöht ("100 AKWs = 1000 Jahre", "1000 AKWs = 100 Jahre", 10000 AKWw = 10 Jahre":-)

In anderen "Studien" geht man von einem GAU-Risiko von "alle 1000 Jahre" aus. Da wäre es dann also schon gefährlicher.

Solche Wahrscheinlichkeitsrechnung ist für eine Risiko-Kalkulation jedoch hoffnungslos unzureichend und irreführend, viel bedeutsamer ist:

das Sicherheitsniveau der Anlagen ist höchst unterschiedlich; beginnend mit dem Bau unter Berücksichtigung von verschiedenster Sozial- und Umweltfaktoren (z.B. Nähe von Großstädten; Windrichtungen, Erdbebengebiete, Terrorismusgefahren, Luftverkehr), sodann auch wirtschaftliches Niveau der Betreibergesellschaften, also Wartungssicherheit, Konkurrenzdruck usw.usf.

Sodann ist im unmittelbaren Vergleich von Energie erzeugenden Anlagen abzuwägen, welche Dimension Störfälle haben können.

Zieht man zu einem solchen Vergleich die Störfälle von Tschernobyl und Taikamura heran, die jeweils noch auf bestimmten Leveln begrenzt werden konnten, so deutet sich die volkwirtschaftliche Unvernunft von Anlagen an, die ihren Investitionshorizont auf einen letztlich nicht haftenden Investor beschränken, der nur solange existiert, wie es "funktioniert" und sich im ausreichend großen Havariefall aus den Handelsregistern streichen lässt, während sich die Manager und Anleger zu anderen Ufern aufmachen.

Das waren jetzt sehr prinzipielle Einwände gegen die industrielle Nutzung von Kernenergie, aber sie sind allein aus den letzten 20 Jahren hinreichend durch Geschehnisse belegt.

Wobei Du bitte nicht übersiehst, dass ich "industrielle Kernenergienutzung" schrieb, denn im Maßstab der wissenschaftlichen Erforschung und der dazu genügenden Mini-Dimension von Anlagen oder auch nur noch Computersimulation stellt die Atomenergie ungleich geringere Risiken dar.

Für die wirtschaftliche Nutzung der Atomkraft fehlt es den bisherigen Lösungen noch an jeglicher Genialität. Sie sind noch zu kompliziert im Verständnis und in der Realisierung. Der Durchbruch wäre erst in dem Moment gegeben, wenn die Sicherheit nicht mehr dadurch vergrößerte, dass man Kontrolltechnik auf Kontrolltechnik packt, sondern in der Basistechnik Vereinfachungen findet.

Allerdings ist auch solche Forschung nicht ungefährlich, denn das Risiko der Wissensaneignung durch Leute, die damit Unsinn treiben, vergrößert sich mit jedem Labor, mit jeder kernphysikalischen Studie.

Wir müssen uns also fragen, ob es sich rechnet, all diese Risiken beherrschbar zu machen oder ob nicht die intellektuellen und finanziellen Ressourcen von vornherein stärker in jene Bereiche fließen sollten, für die Risiko-Kalkulationen zu vollständig anders dimensionierten Ergebnissen kommen.

Bei allem sollte Kernenergie nicht zur Glaubensfrage werden, das mit ewigen Ja oder ewigen Nein zu beantworten wäre, sondern eher zu den Fragen führen: Wie wirken sich die kurzsichtigeren Gewinnerwartungen auf die Energiemarkt- und Umweltentwicklung aus?
Was lief schief und bedarf der Korrektur?

Mit den Mrd. für die Atomenergie ließen wir uns auf den falschen Gaul setzen. Es war absehbar, von vielen auch tatsächlich gesehen, aber durch den Missbrauch des Themas im politischen Tagesgeschäft nur selten sachlich. Letztlich setzten sich die AKW-Investoren durch und ließen sich ein wenig zähmen, als das politische Risikoverständnis in Gesetzen und Verordnungen nachwuchs. - Aber nun stehen die Anlagen und die Betreiber mögen ihre Investitionsentscheidungen möglichst lang in der Rendite sehen. Wen kann da wundern, dass sie sich gegen Trittin wehren? Und wen kann wiederum wundern, dass Trittin nicht mehr herausholte, wenn er bei einem solchen Versuch seinen schönen Job verloren hätte?

Ich habe da also für allerlei Verständnis und mag mich auch solcher Verdächtigungen nicht enthalten. Ich kann mich irren, wenn es um Motive geht, aber Gesagtes liegt so nahe, dass man es zumindest in Betracht zu ziehen hat.

Markus Rabanus >> Diskussion