29 Mai 2006

Greenpeace fordert Sanierung der CSM-Abfallhalde in der Normandie

Erster Spatenstich auf Atommüllkippe
Paris/La Hague, 29.05.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz

18 Greenpeace-Aktivisten haben heute damit begonnen, den Atommüll auf der CSM-Abfallhalde (Centre Stockage de la Manche) bei La Haugue in der Normandie symbolisch auszugraben. Die Umweltschützer aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien und Frankreich repräsentieren mit ihren Heimatländern die größten Kunden der AREVA, des Betreibers der Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague in der Normandie. Dort werden abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken aus Europa und Japan chemisch verarbeitet. Aus einem letzte Woche von Greenpeace veröffentlichten Bericht geht hervor, dass das Grundwasser durch die Halde in der Region radioaktiv verseucht wird. Die Wasserproben weisen Tritiumwerte von 750 Becquerel pro Liter auf und übersteigen damit die europäischen Grenzwerte von 100 Becquerel pro Liter für die radioaktive Belastung von Wasser um mehr als das Siebenfache.
Die Umweltschützer aus fünf Ländern fordern die Sanierung der Müllkippe, auf der 1,4 Millionen Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall aus den Jahren 1969 bis 1994 liegen. Darüber hinaus soll das Betreiberunternehmen der Halde veröffentlichen, welche radioaktiven Stoffe sich in der Abfallgrube befinden. Der radioaktive Müll stammt zum großen Teil von der französischen Electricité de France (EdF) und von AREVA. Zehn Prozent der Fässer kommen aus Kraftwerken im Ausland und verstoßen damit gegen das Gesetz Bataille. Es verbietet seit 1991 die Lagerung von internationalem Atommüll in Frankreich.

Diese Atommüllkippe ist wie ein radioaktiver Schwamm. Sie saugt Wasser auf und lässt Radioaktivität frei. RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall, die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke, tragen direkt Verantwortung für die radioaktive Kontamination in La Hague, so Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Es ist eine Schande zu sehen, wie diese wunderschöne Landschaft in der Normandie aufgrund der Geschäftsinteressen einiger weniger Firmen radioaktiv verseucht wird.

Die Atommüllproblematik ist weltweit ungelöst. Trotzdem wollen die deutschen Atomkraftwerksbetreiber die Laufzeiten ihrer Kraftwerke verlängern und damit das ungelöste Müllproblem vergrößern. EdF will sogar ein neues Atomkraftwerk in Flamanville in der Normandie bauen. In diesem Atomkraftwerk, dem European Pressurised Reactor (EPR) würde der radioaktivste Abfall entstehen, der jemals in einem französischen Atomkraftwerk hergestellt wurde.

Greenpeace fordert, Atomkraftwerke so schnell wie technisch möglich abzuschalten und die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennstäben, wie sie in La Hague stattfindet, weltweit zu stoppen. Die Atommüllkrise in Frankreich, wo immer noch deutscher Atommüll aufgearbeitet und gelagert wird, zeigt, dass von der Bundesregierung dringend eine alternative Endlagersuche gestartet werden muss.

Greenpeace: "Bürger belasten - Konzerne beschenken"

Berlin , 29.05.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz
Greenpeace prangert die Doppelmoral der SPD-Politik an

Sechs Greenpeace-Aktivisten haben sich heute mit einem sechs mal acht Meter großen Banner von dem 22 Meter hohen Dach der SPD-Zentrale in Berlin abgeseilt. SPD-Politik 2006: Kein Geld für Kinder, Kranke, Rentner - Aber 10 Milliarden Euro für RWE, Vattenfall und Co. ist auf dem Banner zu lesen. Greenpeace will mit dieser Aktion gegen die Ungerechtigkeit in der Behandlung von Bürgern und Energiekonzernen durch die SPD protestieren. Während die Bürger die größte Steuererhöhung seit Gründung der Bundesrepublik hinnehmen müssen, soll die Wirtschaft bis 2012 mit jährlich bis zu zehn Milliarden Euro beschenkt werden. Emissionszertifikate, die eigentlich versteigert werden könnten, sollen nach dem Willen von Umweltminister Sigmar Gabriel kostenlos an die Energieriesen abgegeben werden.

Ob Kinder, Kranke oder Rentner - überall wird gekürzt. Auf der anderen Seite werden den Energieriesen Jahr für Jahr Milliarden Euro geschenkt, dafür ist erstaunlicherweise Geld da. Die SPD muss sich fragen lassen, ob sie nicht besser das Wort 'sozial' aus ihrem Namen streichen sollte, sagt Gabriela von Goerne, Klimaexpertin bei Greenpeace. Die SPD und ihr Umweltminister Sigmar Gabriel müssen diese soziale Schieflage beenden und die Zertifikate versteigern. Dieses bringt nicht nur Geld für die Bürger, es führt auch zu wirksamem Klimaschutz.

Der Emissionshandel wurde 2005 eingeführt, um die Kohlendioxid-Emissionen in der Europäischen Union insgesamt zu verringern. Die großen Energieversorger bekommen jedoch Emissionszertifikate kostenlos zugeteilt. Bei einem Zertifikatpreis von 20 Euro pro Tonne des Klimagases Kohlendioxid ist das ein Geschenk von insgesamt zehn Milliarden Euro. Die Energieversorger haben den Wert der geschenkten Zertifikate auf die Stromkosten aufgeschlagen und holen sich so diese Summe in Form von Preiserhöhungen noch einmal von ihren Kunden. So hat die Energiewirtschaft im letzten Jahr ungerechtfertigt Milliardenprofite zu Lasten der Stromkunden erzielt. Um eine Versteigerung zu verhindern, drohen die Energieversorger absurderweise mit weiteren Preiserhöhungen. Die Energieversorger wollen für eine einmal erbrachte sehr fragwürdige Leistung zweimal abkassieren. Das sind Wild-West-Manieren, mit denen die Konzerne nicht mehr durchkommen dürfen. Dem muss die Politik einen Riegel vorschieben, so von Goerne.

Auch führende Wirtschaftsinstitute sowie der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung plädieren für eine, im Rahmen geltenden EU-Rechtes mögliche, Versteigerung von zehn Prozent der auszugebenden Zertifikate im nächsten Handelszeitraum 2008 bis 2012. Dies würde der Bundesregierung circa fünf Milliarden Euro für die leeren Haushaltskassen einbringen. Zwar würden dann noch immer 90 Prozent der Zertifikate verschenkt, doch wäre das ein erster Schritt in Richtung sozialer Verantwortung. Energiekonzerne zahlen dann endlich für ihre Klimazerstörung. Und der Staat bekommt einen finanziellen Spielraum für dringend notwendige Investitionen in soziale Einrichtungen, Bildung und Klimaschutz, so von Goerne.

23 Mai 2006

Grundwasser in der Normandie radioaktiv verseucht

Greenpeace legt neuen Bericht zur Verstrahlung in La Hague vor
La Hague, 23.05.2006, veröffentlicht von Sigrid Totz

Eine Halde mit radioaktivem Atommüll auch aus Deutschland verseucht Grundwasser in der Normandie in Frankreich. Das französische Labor ACRO legte heute in der Normandie im Auftrag von Greenpeace einen Bericht über die radioaktive Situation um die Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague in der Normandie vor. Die Wasserproben weisen Tritiumwerte von 750 Becquerel pro Liter auf und übersteigen damit die europäischen Grenzwerte von 100 Becquerel pro Liter für die radioaktive Belastung von Wasser um mehr als das Siebenfache. Das Wasser wird durch die CSM-Abfallhalde (Centre Stockage de la Manche) für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll belastet und von den ortsansässigen Bauern zum Tränken ihrer Tiere benutzt.

Die Lage am Standort La Hague ist katastrophal. Hier wird offenbar, dass Staat und Atomindustrie nicht einmal in der Lage sind, schwach- und mittelradioaktiven Atommüll sicher zu lagern, geschweige denn hochradiaktiven, sagt Thomas Breuer, Atomexperte von Greenpeace. Auf der Halde liegt auch deutscher Atommüll. Insofern trägt Deutschland Mitverantwortung für die radioaktive Belastung der Normandie.

In den Grundwasser führenden Schichten unter landwirtschaftlich genutzter Fläche in der Nähe der Abfallhalde liegt die durchschnittliche radioaktive Belastung bei 9.000 Becquerel pro Liter. Zurzeit wird hauptsächlich radioaktives Tritium gefunden. Tritium verursacht genetische Schäden und erhöht das Krebsrisiko. Tritium wird in Wassermoleküle eingebaut. Wo heute Tritium gefunden wird, werden sich künftig auch andere gefährliche Stoffe wie Strontium 90 ausbreiten. Strontium 90 reichert sich in Knochen an und kann dort Krebs verursachen.

Vor mehr als 30 Jahren wurde der französischen Öffentlichkeit versichert, dass die Wahl des Standortes der CSM-Abfallhalde aufgrund von intensiven geologischen und hydrologischen Untersuchungen getroffen wurde. Heute stellen wir nüchtern fest, dass die Radioaktivität sich nicht beherrschbar ausbreitet, so Breuer. In Deutschland versuche die Atomindustrie wider besseres Wissen der deutschen Bevölkerung weiszumachen, dass man Atommüll sicher in Gorleben und im Schacht Konrad lagern könne.

Zwischen 1967 und 1994 wurden über eine Million Container mit 527.000 Kubikmetern schwach- und mittelradioaktiven Atommüll auf die CSM-Müllhalde gekippt. Der größte Teil des radioaktiven Abfalls stammt aus Frankreich. Etwa zehn Prozent des radioaktiven Mülls stammen unter anderem aus Deutschland. Seit der Schließung der Müllkippe in der Normandie 1994 wird der Atommüll nach Ostfrankreich verbracht. Greenpeace fordert, Atomkraftwerke so schnell wie technisch möglich abzuschalten und die Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennstäben, wie sie in La Hague stattfindet, weltweit zu stoppen. Die Atommüllkrise in Frankreich, wo immer noch deutscher Atommüll aufgearbeitet und gelagert wird, zeigt, dass von der Bundesregierung dringend eine alternative Endlagersuche gestartet werden muss.