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12 September 2012

Indien: Massenproteste gegen Atomkraftprogramm

Tirunelveli (Indien), 12.09.2012 – Rund 25.000 Menschen - darunter tausende von Frauen und Kindern - versammelten sich seit Sonntag an der Südküste Indiens, um gegen den Betrieb des Atomkraftwerks Kudankulam und das Atomprogramm der Regierung zu protestieren. Sie weigerten sich mit der Polizei zu sprechen, die in großer Zahl aufmarschiert war. Am Montag spitzte sich die Lage weiter zu. Der Kameramann eines englischen Fernsehsenders wurde bei den Auseinandersetzungen verletzt, ein 44jähriger Demonstrant wurde von der Polizei erschossen. Maßgebende Persönlichkeiten in Indien beklagen das rücksichtslose Vorgehen der Polizei. So wandte sich Admiral L. Ramdas, der ehemalige Chef der Marine in zwei Offenen Briefen an den Premierminister gegen die Law-and-Order-Politik der Regierung und forderte angesichts der jetzigen Situation ein Moratorium. Bereits im März diesen Jahres war es zu Demonstrationen in Kudankulam gekommen, nachdem die Regierung des indischen Bundesstaates Tamil Nadu beschlossen hatte, die Bauarbeiten am Atomkraftwerk fortzusetzen. Es wurden 6000 Polizisten eingesetzt, mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Auch sind Befürchtungen nach der japanischen Atomkatastrophe laut geworden, weil im Dezember 2004 an der indischen Südküste ein Tsunami die Gegend von Kudankulam bedroht hatte. Ein solcher Tsunami war im März 2011 eine der Hauptursachen für die Katastrophe in Japan gewesen. Besonders interessant ist außerdem an dem Standort des indischen Atomkraftwerks, dass hier bereits einer der größten Windparks Indiens steht, der mit einer Leistung von 2000 MW einen erheblichen Beitrag zur Stromversorgung des Landes liefert. Acht von mehreren hundert Windrädern stehen auf dem Gelände des Atomkraftwerks. Mitte August war die Genehmigung zum Anfahren des ersten Reaktors mit einer elektrischen Nettoleistung von 917 MW erteilt worden. Der zweite Reaktor wird voraussichtlich im März nächsten Jahres in Betrieb gehen. Beide Reaktoren wurden in der russischen Stadt Sankt Petersburg gebaut. Zum August 2012 befanden sich in Indien sechs Kernkraftwerke mit 21 Reaktorblöcken und einer installierten Bruttogesamtleistung von 5780 MW am Netz. Im Jahre 2007 waren es noch 3580 MW gewesen, während damals die Windkraft bereits eine Gesamtleistung von 5340 MW hatte. Bis 2010 waren über Windkraft rund 13.000 MW Leistung installiert, bis 2020 sollen es 46.000 MW werden. Gegner der Atomenergie setzen vor allem auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Angesichts des Bevölkerungswachstums hatte die Regierung ein ehrgeiziges Programm zum Ausbau der Energieversorgung verfolgt. Die Zahl der Menschen in dem Subkontinent hat sich seit 1975 von 600 Millionen bis 2011 auf 1,2 Milliarden verdoppelt.

29 September 2008

Bundesregierung leistet dem nuklearen Wettrüsten in Südasien Vorschub

Presseerklärung des VDW Vorstands

Die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler VDW verurteilt das Verhalten der Bundesregierung im Zu-sammenhang mit dem Nuklearexportabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Indien.

Deutschland trägt maßgeblich Verantwortung dafür, dass Bemühungen um nukleare Abrüstung und Nicht-verbreitung schwer geschädigt wurden. Am 6. September 2008 hat die Bundesregierung in der Gruppe der Nuklearen Lieferländer (Nuclear Suppliers Group, NSG) der Aufhebung nuklearer Lieferbeschränkungen gegenüber Indien wie z.B. Kernbrennstoff oder Nuklearausrüstung zugestimmt. Die Entscheidung kam unter deutschem Vorsitz zustande. Damit werden Nuklearexporte in eine Region zugelassen, in der bereits seit mindestens zehn Jahren ein nuklearer Rüstungswettlauf stattfindet. Es ist höchst bedauerlich, dass die Bun-desregierung in dieser Rolle als NSG-Vorsitzendem sich nicht eindringlich dafür eingesetzt hat, Indien im Zuge dieses Abkommens verbindlich an das nukleare Nichtverbreitungsregime und die damit verbundenen Verpflichtungen heranzuführen.

Wir warnen vor einer Politik des Doppelstandards, die befreundeten Staaten mit interessanten Märkten unter Verletzung geltender Verträge spaltbares Material und Technologie liefert und anderen Staaten, die als feindlich betrachtet werden, unter Hinweise auf dieselben Verträge und unter Androhung von Sanktio-nen oder militärischen Maßnahmen den Zugang zu diesen Technologien verweigert. Diese Politik wird in absehbarer Zeit unweigerlich zu einer erheblichen Erhöhung der Zahl von Atomwaffenstaaten führen.

Der US-Indien Atomdeal zementiert die Stellung Indiens außerhalb der nuklearen Nichtverbreitungsre-gimes, weil er:

1. Indien faktisch unter Verletzung internationaler Rüstungskontrollnormen den Atomwaffenstatus zu-erkennt,
2. Indien in die Lage versetzt, nuklear schneller aufzurüsten und damit das Wettrüsten in der Region weiter verschärft,
3. Indien nicht verbindlich verpflichtet, rüstungskontrollpolitische Verantwortung zu übernehmen und z.B. dem Atomteststoppvertrag beizutreten und das Additional Safeguards Protocol zu unterzeich-nen,
4. durch die Einführung eines Doppelstandards in der Nichtverbreitung multilaterale Abkommen wie den Nichtverbreitungsvertrag nachhaltig schädigt und
5. Indien keinerlei nachprüfbare Abrüstungs- und Nichtverbreitungsverpflichtungen auferlegt.

Deutschlands Glaubwürdigkeit als proaktiver Akteur effektiver und multilateraler Bemühungen zur weite-ren Abrüstung von Atomwaffen ist durch das Abkommen schwer erschüttert worden. Das deutsche Verhal-ten macht deutlich, dass die Bundesregierung offensichtlich Rüstungskontrolle und Abrüstung im Zweifels-falle hinter geopolitische Überlegungen und Wirtschaftsinteressen von Verbündeten zurückstellt.

Vor diesem Hintergrund fordert die VDW, dass die Bundesregierung:

1. an ihrer restriktiven Ausfuhrpolitik gegenüber Indien festhält und solange keine Exporte von Nukle-artechnologie oder anderen Rüstungsgütern genehmigt, wie Indien nicht dem Atomteststoppvertrag beitritt und die Produktion von waffenfähigem Spaltmaterial beendet,
2. insbesondere international aber auch in der Europäischen Union durchsetzt, dass keine sensitiven Anreicherungs- und Wiederaufarbeitungstechnologien nach Indien exportiert werden.
3. deutlich macht, dass sie im Falle eines weiteren indischen Atomtests nachdrücklich für eine erneute Verhängung von Sanktionen eintritt,
4. in Vorbereitung der Überprüfungskonferenz des NVV 2010 weitere Schritte unternimmt, um nicht nur den rüstungskontrollpolitischen Schaden zu begrenzen, der durch den Atomdeal angerichtet worden ist

Wir fordern den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung auf, die von ihr selbst mitverantwortete Erosion der Rüstungskontrolle durch überzeugende Maßnahmen hin zu einer Welt, die frei von Atomwaffen ist, aufzuhalten.

Der Vorstand der VDW

  • VDW e.V