30 Dezember 2003

Atomkraft: Gefahr von Angriffen vermindern

Pressemitteilung BMU.de

Zu einer Meldung der Süddeutschen Zeitung von heute (Dienstag, 30.12.2003) unter dem Titel "Verwundbare Atommeiler" erklärt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums:

Es ist eine Tatsache, dass Atomkraftwerke überall in der Welt nur bedingt gegen gezielte oder unfallbedingte Flugzeugabstürze gesichert sind. Dies gilt auch für Atomkraftwerke in Deutschland. Um einen gezielten Missbrauch möglichst auszuschließen, nimmt das Bundesumweltministerium zu Veröffentlichungen über die Ergebnisse einer Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) zu den Auswirkungen eines terroristischen Flugzeugangriffes auf deutsche Kernkraftwerke grundsätzlich keine Stellung.

Das Bundesumweltministerium hatte bereits im Oktober 2001 die GRS mit einer Untersuchung zu den Auswirkungen derartiger Angriffe beauftragt. Die Ergebnisse liegen seit knapp einem Jahr vor und wurden den Betreibern sowie den Bundesländern als für die Sicherheit der jeweiligen Anlagen zuständige Atomaufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt. Auf der Basis dieser Untersuchungen wird zur Zeit ein von der Betreiberseite vorgeschlagenes Schutzkonzept für Atomkraftwerke geprüft. Dieses Konzept sieht unter anderem vor, dass ein angegriffenes Kernkraftwerk in wenigen Sekunden durch eine künstliche dichte Nebelwand großflächig verhüllt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Flugzeug das Reaktorgebäude hinreichend zielgenau trifft, soll dadurch wirkungsvoll vermindert werden. Die Begutachtung dieses Konzeptes wird im ersten Quartal des nächsten Jahres abgeschlossen sein. International sind derartige oder vergleichbare Schutzmassnahmen ohne Vorbild.

Zahlreiche weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes gegen terroristische Angriffe sind im Bereich der Flugsicherung sowie bei den Atomkraftwerken bereits umgesetzt. Trotz all dieser Maßnahmen kann das Risiko terroristischer Angriffe auf Kernkraftwerke jedoch ebenso wenig völlig beseitigt werden wie das technische Unfallrisiko des Betriebs von Atomreaktoren. Dies ist auch der wichtigste Grund, warum der vereinbarte und gesetzlich geregelte Ausstieg aus der Atomkraft nicht in Frage gestellt werden darf.

27 Dezember 2003

"Suche nach Endlagerstandort ergebnisoffen und transparent" + KRITIK

Pressemitteilung BMU.de

Zu Äußerungen des niedersächsischen Ministerpräsidenten, die Bundesregierung setze bei der Suche nach einem Atommüllendlager "ausschließlich auf Zeitgewinn" erklärt eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums:

Der niedersächsischen Landesregierung geht es offenbar nicht schnell genug, Niedersachsen zur Atommüllendlagerstätte der Republik zu machen. Sie will vor Abschluss eines geordneten Verfahrens Fakten schaffen und engagiert sich dafür, Gorleben und Schacht Konrad als Atommülllager in Betrieb nehmen. Wulff ignoriert wiederholt die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung vor Ort.

Der vom Bundesumweltministerium eingesetzte Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AKEnd) hat ein Verfahren für die Suche und Auswahl eines Endlagers in tiefen geologischen Formationen entwickelt, in das alle Arten und Mengen in Deutschland anfallender radioaktiver Abfälle sicher endgelagert werden sollen. Der AkEnd hat damit den Rahmen für die Suche nach einem Endlager in Deutschland vorgegeben.

Mit dem Abschlussbericht des AKEnd liegt zum ersten Mal ein systematischer Ansatz für die Auswahl eines Endlagerstandortes vor, der nicht nur auf technische, sondern auch auf sozialwissenschaftliche Aspekte abstellt. Die Endlagersuche wird so vom Kopf auf die Füße gestellt. Das Auswahlverfahren ist ergebnisoffen, es gibt keine geographischen Vorfestlegungen. Es soll transparent und nachvollziehbar sein. Grundlegendes Element ist die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Entwicklung, Festlegung und Durchführung des Auswahlverfahrens.

Das Endlager soll im Jahr 2030 betriebsbereit sein. Diese Zeit gilt es zu nutzen, um das entwickelte Verfahren umzusetzen. Das Bundesumweltministerium strebt einen möglichst breiten Konsens in dieser wichtigen Frage an und hat deshalb alle relevanten gesellschaftlichen Kräfte zu Gesprächen über das Auswahlverfahren eingeladen. Wer sich - wie Wulff - solchen Gesprächen verweigert, handelt verantwortungslos.
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KOMMENTAR der Redaktion: Jedes Atommüll-Lager muss so beschaffen sein, dass der Atommüll 1. dauerhaft überwacht, 2. gegen unbefugten Zugriff gesichert, 3. jederzeit rückholbar ist, zumal bislang weltweit keine zuverlässige Möglichkeit zur "Endlagerung" gefunden wurde.

Markus Rabanus >> Diskussion

26 Dezember 2003

Notwendige sicherheitstechnische Maßnahmen im Atomkraftwerk Biblis A durchgesetzt

Pressemitteilung BMU.de


Nach neun Monaten sicherheitsbedingten Anlagenstillstands bestätigt das Bundesumweltministerium den Abschluss notwendiger Sicherheitsnachrüstungen durch die Betreiberfirma RWE. Damit ist der Weg frei für die Wiederinbetriebnahme und die Erzeugung der dem Kraftwerk Biblis A zugestandenen Reststrommenge. Nach Auffassung des Bundesumweltministeriums hatte RWE zu spät auf erkannte Sicherheitsdefizite der Anlage reagiert. Die Bundesaufsicht stellt deshalb durch eine neue verbindliche Regelung klar, dass der Betreiber künftig bei Zweifeln an der von der Genehmigung geforderten Störfallsicherheit von sich aus den Anlagenbetrieb einzustellen und der Atomaufsicht ein Programm zur Beseitigung der Defizite vorzulegen hat.

Das Kernkraftwerk Biblis A wurde im April 2003 nach einer Abschaltung nicht wieder in Betrieb genommen, weil erkannt wurde, dass die Siebflächen im Notkühlsystem zu klein waren. Dadurch hätte im Falle eines Störfalls das Risiko einer Verstopfung dieses Siebes mit freigesetztem Isoliermaterial bestanden. Darüber hinaus war das Sieb auch kleiner als die Genehmigung es vorschrieb. Ebenso ergaben die durch die Bundesaufsicht veranlassten Prüfungen, dass ein Teil der Betoneinbauten im Sicherheitsbehälter ("Sumpfdecke") nicht die von der Genehmigung vorgeschriebene Stärke aufwies. Zur Erfüllung der sicherheitstechnischen Anforderungen der Atomaufsicht wurde das Sieb vergrößert, die Sumpfdecke verstärkt.

Im Anschluss an diese entdeckten Genehmigungsabweichungen hatte das Bundesumweltministerium die hessische Atomaufsicht aufgefordert, weiteren Anhaltspunkten zu Genehmigungsverstößen nachzugehen. Es wurden ca. 300 mögliche Abweichungen festgestellt. Aufgrund ihrer Prüfung hat die hessische Atomaufsicht die sicherheitstechnische Unbedenklichkeit dieser Abweichungen bestätigt.

Das Bundesumweltministerium hatte darüber hinaus die hessische Atomaufsicht verpflichtet, die Zuverlässigkeit der Betreiberin zu prüfen: Von Ende 2001 bis Anfang 2003 hatte RWE sich stetig verdichtende Belege dafuer erhalten, dass das Atomkraftwerk Biblis A den Auslegungsstoerfall eines Lecks in der Hauptkuehlmittelleitung wegen dabei entstehender starker Isoliermaterial-Freisetzung nicht hinreichend beherrscht. Dennoch hat RWE die Anlage bis zum April 2003 weiter betrieben. Im Ergebnis der Prüfung durch das Bundesumweltministerium ist es erforderlich geworden, RWE explizit dazu zu verpflichten, künftig bereits bei Zweifeln an der von der Genehmigung geforderten Störfallsicherheit von sich aus den Anlagenbetrieb einzustellen und der Atomaufsicht ein Programm zur Beseitigung der Defizite vorzulegen.

16 Dezember 2003

Jürgen Trittin: Keine Vorfestlegungen für Schacht Konrad

Niedersachsens Umweltminister will Atommüll ins Land holen
Pressemitteilung BMU.de

Zur Forderung des niedersächsischen Umweltministers, Hans-Heinrich Sander, das ehemalige Eisenerzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter als Endlager für radioaktiven Abfall in Betrieb zu nehmen, erklärt Bundesumweltminister Jürgen Trittin:

"Der niedersächsische Umweltminister versucht offenbar verzweifelt, Niedersachsen zum Atomklo der Republik zu machen. Nach seinem Engagement für ein Atommüll-Endlager in Gorleben hat er sich gestern für ein Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall in Schacht Konrad bei Salzgitter eingesetzt. Mit seiner Äußerung, Schacht Konrad müsse in Betrieb gehen, ignoriert Herr Sander einmal mehr die Sorgen und Einwände der betroffenen Bevölkerung.

Der Planfeststellungsbeschluss für Schacht Konrad wird zur Zeit gerichtlich überprüft. Mit einer Festlegung, bereits nach den ersten Entscheidungen der ersten Instanz mit der Umrüstung des Bergwerkes zum Endlager zu beginnen, würden zudem teure Fakten geschaffen, bevor Rechtssicherheit herrscht. Für besondere Eile gibt es jedoch überhaupt keinen Grund.

Infolge des Ausstiegs der Bundesrepublik aus der Atomkraft und neuer Konditionierungstechniken zur Behandlung der radioaktiven Abfälle wird das erwartete Volumen des einzulagernden Atommülls im Vergleich zu älteren Schätzungen deutlich geringer ausfallen. Die Bundesregierung vertritt daher die Auffassung, dass für die Endlagerung aller Arten radioaktiver Abfälle ein einziges Endlager ausreicht. Dieses muss 2030 betriebsbereit sein, erst dann ist die Strahlung des hochradioaktiven Mülls der Atomkraftwerke soweit abgeklungen, dass ein Einlagerung möglich ist.

Diese Zeit gilt es zu nutzen, um das vom AKEnd entwickelte Verfahren zur Endlagersuche umzusetzen. Es strebt einen möglichst breiten Konsens in dieser wichtigen Frage an. Wer dagegen in Gorleben oder in Konrad Fakten schaffen will, der betreibt die Spaltung unserer Gesellschaft."

10 Dezember 2003

Bundeskabinett verbessert Störfallvorsorge

Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung beschlossen
Pressemitteilung BMU.de

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung (StörfallVwV) beschlossen. Diese Verwaltungsvorschrift konkretisiert und erläutert neue Anforderungen, die sich aus dem modernisierten europäischen Störfallrecht und seiner Umsetzung durch die Störfall-Verordnung ergeben. Sie ersetzt drei außer Kraft getretene frühere Verwaltungsvorschriften und trägt damit zur Rechtsvereinfachung bei.

Die Störfall-Verwaltungsvorschrift konkretisiert und erläutert die neuen Anforderungen der Störfall-Verordnung. Hierzu gehören Ausarbeitung und Umsetzung eines Konzepts zur Verhinderung von Störfällen, die Einführung und Umsetzung eines Sicherheitsmanagementsystems, die Erstellung eines Sicherheitsberichts sowie die Erfassung, Aufklärung uns Auswertung meldepflichtiger Ereignisse.

Grundlegend überarbeitet gegenüber dem altem Störfallrecht wurden die Anforderungen an die Darstellung von Störfallablaufszenarien. Anzahl, Art und Randbedingungen der erforderlichen Szenarien wurden in der Verwaltungsvorschrift festgelegt. Damit sollen frühere Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden und Betreibern über die Frage, welche Szenarien im Sicherheitsbericht zu dokumentieren sind und welche den Gefahrenabwehrbehörden für deren Notfallplanung zur Verfügung gestellt werden müssen, künftig vermieden werden.

Mit der Störfall-Verwaltungsvorschrift erhalten die zuständigen Behörden klare Vorgaben für einen bundeseinheitlichen Vollzug des Störfallrechts. Für die betroffenen Unternehmen erhöht sich die Rechts- und Planungssicherheit, Investitionsentscheidungen werden kalkulierbarer gemacht.

Die Verwaltungsvorschrift bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.