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24 November 2014

Havarie-Evakuierungsradius: "5 Kilometer"

Unsere Umweltministerin "lobt" diese vollkommen irre EU-Richtlinie, die einmal mehr den Atomkraftwerksbetreibern technische Harmlosigkeit bescheinigt - und obendrein die Havarierisiken vergesellschaftet.
Fukushima-Wahrscheinlichkeiten seien in Europa "sehr gering", schließt die Presseerklärung. Stimmt, denn erfahrungsgemäß führen jedes Mal andere Faktoren zu Havarien. Die sonst so gehypte Terrorgefahr wird da rasch mal ausgeblendet, wenn den parteispendenfreudigen Atomkonzernen eine Freude gemacht werden soll.
Und falls erneut passiert, was nie passieren durfte, dann heißt es wieder: "Es war nicht vorhersehbar."

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Bundesumweltministerium Pressemitteilung: Berlin, 24. November 2014 Strahlenschutz

Erstmals europäischer Standard für die Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen für Atomkraftwerke

Die Leiter der europäischen Strahlenschutz- und Reaktorsicherheitsbehörden haben erstmals ein europaweites Konzept für die Bewältigung von schweren kerntechnischen Unfällen vorgelegt. Es geht auf eine Initiative des Bundesumweltministeriums zurück und enthält ein einheitliches Bewertungsschema für den Zustand von Atomanlagen. Außerdem werden erstmals grenzüberschreitende Empfehlungen für erste Maßnahmen bei schweren Atomunfällen gegeben. Das Papier wurde heute veröffentlicht.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks lobte die Entscheidung als wichtigen Schritt hin zu einheitlichen Standards. „Radioaktive Strahlung macht nicht an Grenzen halt. Da es in unseren Nachbarländern mehrere Atomkraftwerke in der Nähe der deutschen Grenze gibt, dient ein gemeinsames Vorgehen auch unserem Schutz. Ich begrüße daher, dass es gelungen ist, ein gemeinsames europäisches Konzept zur Bewältigung von schweren atomaren Unfällen zu erarbeiten.“
Das Konzept war in den zurückliegenden Monaten von einer gemeinsamen Task Force erarbeitet worden. 21 Experten für Reaktorsicherheit, Notfallschutz und Strahlenschutz aus 14 Ländern leiteten aus den Erfahrungen in Fukushima ein robustes Bewertungsschema für den Zustand eines havarierten Atomkraftwerks ab und gaben Empfehlungen für die Planung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in der Frühphase eines schweren Unfalls.
Die Experten sind Vertreter der Gremien der Leiter der europäischen Strahlenschutzbehörden (Heads of the European Radiological Protection Competent Authorities, HERCA) und Reaktorsicherheitsbehörden (Western European Nuclear Regulator’s Association, WENRA). In allen europäischen Ländern gibt es seit Jahren effiziente Mechanismen, um im Notfall adäquat reagieren zu können.
Auf Basis einer Vielzahl von Anlagenparametern kann in Verbindung mit numerischen Wettervorhersagen präzise prognostiziert werden, welche Maßnahmen an welchem Ort notwendig sind, um die Bevölkerung vor Schaden zu bewahren.
Wie die dreifache Katastrophe von Fukushima allerdings gezeigt hat, können widrige Umstände dazu führen, dass der für diese Form von Vorhersagen und Bewertungen notwendige Datenaustausch unterbrochen wird. In genau solchen – extrem unwahrscheinlichen – Situationen soll das nun vorgestellte Bewertungsschema Anwendung finden. Es ermöglicht eine robuste Klassifizierung auf Basis einer stark reduzierten Anzahl von Anlagen- und Wetterparametern, die auch unter ungünstigsten Bedingungen zur Verfügung stehen.
Das Bewertungsschema ist bewusst auf die wesentlichen Maßnahmen reduziert: Evakuierung, Aufenthalt in Gebäuden und Jodblockade.

 - Bis zu einem Abstand von 5 Kilometern vom Atomkraftwerk sollen die zuständigen Behörden auf eine Evakuierung vorbereitet sein. Für eine eventuelle Ausweitung auf bis zu 20 Kilometer soll eine geeignete Strategie vorliegen.

 - Bis zu einer Entfernung von 20 Kilometern sollen die Bewohner darauf vorbereitet sein, sich in ihren Wohnungen aufzuhalten. Auch eine Jodblockade ist hier vorgesehen. Für eine eventuelle Ausweitung auf bis zu 100 Kilometer soll eine geeignete Strategie vorliegen. Diese Planungsradien entsprechen weitgehend denjenigen, die die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) in diesem Jahr empfohlen hat und die derzeit in Deutschland von den zuständigen Behörden umgesetzt werden.

Der deutsche Ansatz geht für den Bereich der Jodblockade über den jetzt verabredeten europäischen Standard insofern hinaus, als für Kinder, Jugendliche und Schwangere im ganzen Bundesgebiet und nicht nur im Umkreis von 100 Kilometer um Atomkraftwerke herum Vorsorge getroffen werden soll.

In Anbetracht des Sicherheitsniveaus europäischer Atomkraftwerke und der im Rahmen der Fukushima-Nachlese umgesetzten Verbesserung halten HERCA und WENRA explizit fest, dass die Wahrscheinlichkeit eines mit Fukushima vergleichbaren Ereignisses, das tatsächlich Evakuierungen bis zu 20 Kilometer und Aufenthalt in Gebäuden sowie Jodblockade bis zu 100 Kilometer nötig macht, in Europa sehr gering ist.

12 Juni 2014

Keine "Hermes-Bürgschaften" mehr für AKW-Bau, aber ...

2011 wurde der Atomausstieg beschlossen, trotzdem förderte die Bundesregierung weiterhin die atomindustriellen Auslandsgeschäfte mit Exportkreditgarantien. Mit heutiger Presseerklärung kündigte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zwar das Ende dieser Förderpraxis an, jedoch nicht ohne Ausnahmeregelungen: "Dazu gehören Lieferungen und Leistungen, die die Sicherheit bestehender Nuklearanlagen erhöhen oder der Stilllegung, dem Rückbau sowie der Entsorgung von Nuklearanlagen dienen." - Es gab keine Bürgerbeteiligung.

18 Oktober 2012

Altmaier legte angeblich neues Endlagersuch-Gesetz vor

In den Medien wird seit dem 17.10.2012 fleißig darüber geschwätzt, dass ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt worden sei, aber auf der Website des Bundesumweltministeriums findet sich im Moment jedenfalls nichts davon, was aktueller als Altmaiers Endlager-Statement v. 5.10.2012 wäre. Mit "Sekundärliteratur" mag ich mich nicht auseinandersetzen, wenn die Bundesregierung informationspflichtig ist - und zwar ohne Bevorzugung ihrer Lieblingsmedien. (Markus Rabanus)

 Nachtrag >> http://dialoglexikon.de/endlager-dialog.htm

29 Mai 2012

BMU Altmaier will Asse-Verzögerung überprüfen

Die BMU-Pressemitteilung lautet:
Altmaier: Asse-Zeitplan enttäuschend und beunruhigend
Bundesumweltminister besucht am Freitag Schachtanlage Asse

Bundesumweltminister Peter Altmaier zeigt sich enttäuscht und beunruhigt über die Ver-zögerungen, die sich aus dem vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) vorgelegten Zeitplan zur Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse ergeben. Der Bundesumweltminister hat deshalb entschieden, am kommenden Freitag zusammen mit BfS-Präsident König die Schachtanlage Asse zu besuchen. Dabei soll die Bevölkerung vor Ort von König über den Zeitplan und seine Folgen informiert werden.

Das Bundesumweltministerium hatte am 18. Mai 2012 vom BfS einen Vorentwurf des Zeitplans zur Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Asse erhalten, den sich das BfS damals allerdings nicht zu eigen gemacht hatte. Auf Anforderung des Bundesumweltministeriums übersandte das BfS schließlich am 25. Mai 2012 seinen Zeitplan. Unmittelbar nach Erhalt des Zeitplans wurde das BfS vom BMU aufgefordert, sofort konkrete Maßnahmen zu benennen, wie die Rückholung beschleunigt werden könnte. Die heute eingegangene Stellungnahme des BfS beantwortet die gestellten Fragen nicht.

28 März 2012

Merkel-Regierung verlängert Bürgschaft für Brasilien-AKW trotz Atomausstiegs

Unter dem Druck der Atomlobby verlängerte die Bundesregierunged die Hermesbürgschaft für den Bau des Atomkraftwerks "Angra 3" in Brasilien um weitere sechs Monate.
Alles sprach dagegen:
1. Es ist Gesetzesumgehung, wenn die Regierung mit der Mehrheit des Bundestags für Deutschland den Atomausstieg beschloss, dann aber den Bau von Atomkraftwerken im Ausland fördert.
2. Die Atomanlage "Angra" liegt in einem von Erdbeben und Tsunamis gefährdeten Gebiet.
3. Der Atommeiler "Angra 3" ist schon seit 1984 "im Bau", so dass die Sicherheitsstandards hoffnungslos zurückhängen.
4. Die Bundesregierung ignoriert die Fukushima-Erfahrung, wonach der Atommeiler-Bau in Weise einer Reihenhaussiedlung das Risiko eines Serien-GAU provoziert.
5. In Brasilien gibt es keine Sonne, keinen Wind, kein Wasser, ...?

Markus Rabanus >> Facebook

08 Juli 2011

Bundesrat stimmte dem Atomausstieg zu

Am heutigen Freitag hat auch der Bundestag dem vom Bundestag beschlossenen Atomausstieg zugestimmt. Folglich werden in Deutschland bis zum Jahre 2022 schrittweise alle Atomkraftwerke stillgelegt und Sondermüllhinterlassenschaft der Atomlobby sein.

06 Juni 2011

Atomausstieg nahm nächste Hürde

Das schwarz-gelbe Kabinett stimmte dem provisorischen Bund-Länderkompromiss in Sachen "schrittweiser Atomausstieg bis 2022" zu.

Wikinews.de berichtet: Deutsche Bundesregierung beschließt Atomausstieg

Berlin (Deutschland), 06.06.2011 – Die schwarz-gelbe Bundesregierung in Deutschland beschloss heute mehrere Gesetzesvorlagen, die die energiepolitische Wende für einen Ausstieg aus der Kernenergie besiegeln sollen. Damit vollzieht die Regierung aus CDU/CSU und FDP eine Abkehr von einer Politik der Befürwortung der Kernenergie mit einer jahrzehntelangen Tradition.
Noch im Oktober 2010 hatte die Regierung den von der rot-grünen Bundesregierung ausgehandelten Atomkonsens aufgekündigt, der einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie vorsah. Die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke wurden verlängert. Nach den Ereignissen um die Havarie des japanischen Kernkraftwerks Fukushima-Daiichi hatte die Regierung eine energiepolitische Wende eingeleitet.
Das vom Bundeskabinett beschlossene Maßnahmenpaket umfasst allein elf Gesetze beziehungsweise Gesetzesänderungen.
Im Einzelnen wurde folgendes beschlossen:
Die acht bereits vom Netz genommenen Kernkraftwerke bleiben dauerhaft abgeschaltet. Nach und nach sollen bis 2022 die Kernkraftwerke Grafenrheinfeld (2015), Gundremmingen B (2017), Philippsburg II (2019), Grohnde, Brokdorf und Gundremmingen C (alle 2021) vom Netz gehen. Schließlich sollen im Jahr 2022 die Kernkraftwerke Isar II, Neckarwestheim II und Emsland abgeschaltet werden. Die jeweiligen Abschaltdaten orientieren sich dabei am Baujahr und technischen Standard der Kernkraftwerke.
Um die Frage der Endlagerung ausgebrannter atomarer Brennelemente zu lösen, sollen weitere Erkundungen neben der Erkundung des möglichen Standortes Gorleben erfolgen. Bisher war der Salzstock von Gorleben der einzige intensiv erforschte Standort für die künftige Endlagerung von radioaktivem Müll aus Kernkraftwerken.
Um den Wegfall von Stromkapazitäten durch die Abschaltung von Kernkraftwerken zu kompensieren ist geplant, mehrere neue Kraftwerke zu errichten. Dies sollen vor allem Gaskraftwerke sein. Daneben soll der Ausbau regenerativer Energien weitergehen, hier vor allem Windenergie. Die Genehmigungsverfahren für den Bau von Offshore-Windkraftanlagen sollen entbürokratisiert werden. Die staatlichen Subventionen für diesen Sektor werden jedoch zurückgeschraubt.
Außerdem soll bis 2020 der Ausbau des Stromnetzes in Deutschland massiv vorangetrieben werden, um den Transport von elektrischer Energie innerhalb Deutschlands besser als bisher zu gewährleisten.
Fördermittel für die Energieeinsparung durch Gebäudesanierungen sollen ab 2012 auf 1,5 Milliarden Euro jährlich angehoben werden. Verkehrs- und Bauminister Peter Ramsauer (CSU) legte dar, in diesem Bereich gebe es ein hohes Energieeinsparpotential: „70 Prozent des Primärenergiebedarfs fallen an im Bereich des Verkehrs und bei Gebäuden.“
Den Kernkraftwerksbetreibern kommt die Regierung insoweit entgegen als Reststrommengen von den stillgelegten Atommeilern auf neuere Atommeiler übertragen werden können. Am geplanten Enddatum für den Atomausstieg (2022) soll aber nicht gerüttelt werden.
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) betonte auf der Pressekonferenz heute, der Anteil regenerativer Energiequellen solle bis 2020 um mindestens 35 Prozent ausgebaut werden. Den Atomausstieg nannte Röttgen „unumkehrbar“.
Über das Gesetzespaket für die Energiewende soll der Deutsche Bundestag am 30. Juni entscheiden, am 8. Juli sollen die Gesetzesvorlagen dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt werden.
Während die SPD ihre Unterstützung für das Gesetzespaket der Bundesregierung ankündigte, erklärte die Parteispitze von Bündnis 90/Die Grünen, einen Parteitag über die Zustimmung zu den Gesetzen der Bundesregierung für eine Abkehr von der Kernenergie entscheiden zu lassen.

30 Mai 2011

Mitschrift Pressekonferenz: Regierung zur Energiewende

Pressekonferenz zum Energiekonzept der Bundesregierung mit Bundeskanzlerin Merkel, BM Rösler, BM Röttgen und BM Ramsauer
Pressemitteilung Bundesregierung.de

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesminister Philipp Rösler, Bundesminister Norbert Röttgen, Bundesminister Peter Ramsauer

BK'IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, Deutschland ist eines der leistungsfähigsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt. Die Voraussetzung dafür, dass das für unsere Unternehmen auch so bleibt, ist, dass wir eine wettbewerbsfähige Energieversorgung haben. Unsere Bürger vertrauen darauf, dass Strom zu jedem Zeitpunkt ausreichend verfügbar ist, unsere Energieversorgung soll klimaverträglich und umweltverträglich sein, und unser Anspruch lautet: Wir wollen unseren verbrauchten Strom selbstständig erzeugen. Das heißt, nicht von Stromimporten abhängig zu sein.

Die gesellschaftliche Grundentscheidung, in Zukunft ‑ bis 2050 ‑ die Energieversorgung aus erneuerbaren Energien zu gestalten, ist bereits seit Längerem gefallen. Wir haben im Herbst 2010 auch einen Bauplan dazu erarbeitet, der sich genau diesem Ziel verschrieben hat. Aber wir haben nach der ‑ jedenfalls für mich ‑ unvorstellbaren Havarie in Fukushima die Rolle der Kernenergie noch einmal überdenken müssen und uns deshalb entschlossen, den im Herbst beschlossenen Weg noch schneller zu gehen und zu gestalten.

Wir wollen, dass der Strom der Zukunft sicher sein soll, zugleich verlässlich und natürlich wirtschaftlich. Für diesen Strom der Zukunft brauchen wir eine neue Architektur unseres Energiewesens. Wir haben, um uns darauf vorzubereiten, als Bundesregierung eine Ethikkommission berufen, und die Ergebnisse der Arbeit dieser Ethikkommission sind so etwas wie die Richtschnur für das, was wir regierungsseitig beschlossen haben. Wir werden schrittweise bis Ende 2022 vollständig auf die Kernenergie verzichten.

Dieser Weg ist für Deutschland eine große Herausforderung, aber er bedeutet vor allen Dingen auch riesige Chancen für künftige Generationen. Wir glauben, dass wir als Land Vorreiter auf dem Weg zur Schaffung eines Zeitalters der erneuerbaren Energien werden können. Wir können als erste große Industrienation eine solche Wende zu hocheffizienten und erneuerbaren Energien schaffen - mit all den Chancen, die darin für Exporte, für Entwicklungen, für Technologie und für Arbeitsplätze liegen.

Der Weg des Umstiegs war bislang nicht beschrieben. Es hat immer Ausstiegsdaten gegeben, aber der Weg, auf dem man umsteigt und wie man einsteigt, war nicht ausreichend beschrieben. Das erfordert eine Vielzahl von neuen Entscheidungen. Nur mithilfe dieser Entscheidungen werden wir es schaffen, eine solche Architektur der Energieversorgung auch zu entwickeln. Das ist das Neue an den jetzt gefassten Beschlüssen, die sich an den Prinzipien der Versorgungssicherheit, der Bezahlbarkeit sowie der Umwelt- und Klimafreundlichkeit ausrichten. Dafür werden wir eine Vielzahl von Gesetzgebungsvorhaben einbringen. Die werden wir nächste Woche im Kabinett verabschieden. Die zuständigen Minister werden dazu Stellung nehmen. Wir werden dann sehr präzise sagen und verfolgen können, wie wir die gesteckten Ziele auch wirklich erreichen. Wir wollen nämlich nicht nur bis 2022 auf die Kernenergie verzichten und die sieben ältesten Kernkraftwerke sowie das Kernkraftwerk Krümmel nicht wieder ans Netz gehen lassen, sondern wir wollen auch eine 40-prozentige Reduktion unserer CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 erreichen und den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung verdoppeln, von heute 17 Prozent auf 35 Prozent.

Das ganze Projekt wird nur gelingen, wenn wir es beständig überwachen und dafür einen sehr transparenten Monitoring-Prozess gestalten. Die Ethikkommission gibt uns hierzu im Übrigen eine Vielzahl von Empfehlungen, die wir auch noch einmal prüfen sollten. Wir werden das jährlich machen. Die zuständigen Minister werden darüber berichten, und dann wird das auch breit im Parlament diskutiert werden. Die Ethikkommission schlägt uns hierbei sogar eine Projektsteuerung vor, mit der wir das Ganze wirklich voranbringen. Es muss jedenfalls alles dafür getan werden, dass die ehrgeizigen Zeitpläne eingehalten werden.

Wir denken, dass wir mit diesen Beschlüssen eine Chance haben, die Wende zu einem wirklichen Strom der Zukunft zu schaffen, und wir sind als Bundesregierung und als Koalition gewillt, diesen Weg auch gemeinsam und entschlossen zu gehen.

BM DR. RÖSLER: Meine sehr verehrten Damen und Herren, man soll so große Begriffe ja nicht zu oft benutzen, aber ich glaube, heute ist ein guter Tag für die deutsche Energiepolitik. Man könnte fast schon sagen, es ist auch ein historischer. Das Enddatum – 2022 ‑ wurde schon genannt, und der Weg dahin ist für uns entscheidend. "Stimme der Vernunft" heißt aus meiner Sicht, dass man in der Tat die drei Ziele, die es in der Energieversorgung gibt, miteinander in Einklang bringen muss: erstens die Umweltverträglichkeit und den Klimaschutz, zweitens die Versorgungssicherheit und drittens eben auch die Bezahlbarkeit von Energie. Ich glaube, das ist mit den Beschlüssen der Bundesregierung jetzt gelungen.

Als Ausstiegsdatum wurde von der Ethikkommission ja "innerhalb des nächsten Jahrzehnts" empfohlen. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass dieses Jahr fast schon wieder vorbei ist, dann liegt 2022 ja innerhalb der Vorschläge der Ethikkommission. Aber viel entscheidender ist der Weg dorthin und wie er dort beschrieben wird. Ich glaube, wichtig ist ein strenges Monitoring: Werden all die Ziele, die man sich vorgenommen hat, auch immer wieder erreicht? Schafft man es, entsprechende Investitionen im Bereich des Kraftwerkneubaus zu leisten? Wie schnell sind wir beim Netzausbau? – All das wird eine Rolle spielen, wird jährlich überprüft werden, wird jährlich berichtet werden und dann auch im Deutschen Bundestag zu diskutieren sein.

Als Wirtschaftminister sind mir drei Bereiche besonders wichtig, zum einen das Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Hierbei geht es darum, die notwendige Infrastruktur für den Ausstieg aus der Kernenergie zu schaffen. Hierbei geht es eben darum, gerade große Trassen, die mehrere Bundesländer überschreiten, schneller als bisher zu planen und zu bauen und insgesamt auch im Rahmen einer Bundesfachplanung dazu zu kommen ‑ ähnlich wie beim Bundesverkehrswegeplan ‑, ein Netz zu haben, das gemeinsam mit den Ländern auf Bundesebene diskutiert und auch vorbereitet wird, damit wir bei dem notwendigen Netzausbau selbst eben möglichst schnell sein können.

Neu hinzugekommen ‑ auch nach den gestrigen Diskussionen ‑ ist ein sogenanntes Planungsbeschleunigungsgesetz, denn wir brauchen Ersatzkapazitäten im Bereich erneuerbarer Energien. Wir brauchen aber auch Ersatzkapazitäten im Bereich großer Kraftwerke und im Bereich fossiler Brennstoffe. Hier ist das Ziel, eben zu deutlich kürzeren Bau- und Planungszeiten zu kommen. Dafür ist dieses Planungsbeschleunigungsgesetz gedacht. Man kann sich das so ähnlich wie die großen Beschleunigungsgesetze im Rahmen der Projekte zur deutschen Wiedervereinigung vorstellen. Dabei ist es ja auch gelungen, große Infrastrukturmaßnahmen sehr schnell zu planen und zu bauen, beispielsweise auch Kraftwerke im konventionellen Bereich an alten Kernkraftwerkstandorten neu zu planen und vor allem auch genehmigen zu lassen.

Das Dritte ist, zu einer Entlastung der mittelständischen Wirtschaft, aber auch der Industrie zu kommen, und zwar durch Strompreiskompensationen. Darüber wird es auf europäischer Ebene noch Gespräche geben müssen. Gleichzeitig ist es zu einer Umstellung im Bereich der erneuerbaren Energien gekommen, sodass noch besser auf die Belange und Bedürfnisse der kleineren Unternehmen eingegangen werden kann. Die Grenze des Verbrauchs lag, glaube ich, bei bisher 10 Gigawattstunden und geht jetzt auf 5 Gigawattstunden herunter. Das heißt, die Entlastung kann früher greifen. Sie verläuft nicht mehr in Stufen, sondern linear, und das ist ein guter Beitrag gerade auch für das kleine Gewerbe, den Mittelstand und das Handwerk. Gleichzeitig gibt es eben die großen Strompreiskompensationen für die Industrie.

Damit wird, glaube ich, deutlich gezeigt: Wir haben das Ziel der Versorgungssicherheit und der Preisgünstigkeit für die deutsche Wirtschaft im Blick. Wir freuen uns sehr, dass es auch gelungen ist, für die Netzstabilität ‑ die befand sich in den letzten Tagen in der Diskussion ‑ eine Lösung zu finden, nämlich entsprechende Reservekraftwerke. Man kann also sehr zufrieden sein. Das geht bis hin zu der Frage der Brennstoffelementesteuer, hinsichtlich der auch klar wird, dass es auf der einen Seite nicht womöglich zu Steigerungen bei den Verbrauchern kommt und gleichzeitig die Industrie entlastet wird. Das ist, glaube ich, ein guter Kompromiss und ein gutes Ergebnis für die Energiepolitik, aber auch für die Wirtschaft und die Industrie in Deutschland.

BM DR. RÖTTGEN: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, dass wir alle der Auffassung sind, dass die Energiepolitik nicht nur eine Fachfrage ist. Sie ist weit mehr als eine Fachfrage in unserem Land. Sie hat eine erhebliche gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Bedeutung. Sie ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, und sie ist auch eine der Grundfragen in Bezug darauf, wie wir uns in der Zukunft Wachstum in unserem Land vorstellen.

Darum ist es, glaube ich, schon eine beachtliche Leistung der Koalition, dass wir ein klares, konsistentes Konzept erarbeitet haben, mit dem wir auch einen übergreifenden Konsens in unserem Land erstreben. Was macht die Klarheit und die Konsistenz aus, die wichtig sind für die Umsetzung, aber auch für die Glaubwürdigkeit?

Wir haben entschieden, dass die sieben älteren Kernkraftwerke plus Krümmel nicht mehr ans Netz gehen, also vom Netz bleiben. Das ist eine klare Entscheidung. Weiterhin haben wir für die anderen, bestehen bleibenden Kernkraftwerke klare späteste Endzeitpunkte festgelegt. Für die drei neuesten Kernkraftwerke ‑ das sind Neckarwestheim II, Isar II und Lingen im Emsland – spätestens das Jahr 2022, die sechs verbleibenden gehen spätestens 2021 vom Netz. Die Daten, zu denen diese Kernkraftwerke vom Netz gehen, sind nicht konditioniert, stehen nicht unter dem Vorbehalt einer Revisionsklausel, sondern es besteht Klarheit für alle, insbesondere für Investoren, die nun wissen, woran sie sind.

Es wird einen jährlichen Fortschrittsbericht in den einzelnen Bereichen geben. Wir entlasten uns nicht sozusagen im Heute, indem wir Ziele, die in zehn Jahren zu erreichen sind, vorgeben, sondern die Politik setzt sich unter Selbstkontrolle und wird jährlich darüber berichten, ob wir im Plan sind. Wenn wir nicht im Plan sind, gilt es nachzusteuern. Aber diese Plankontrolle, diese Zielerreichungskontrolle und die Fortschrittsberichte stellen nicht das Ziel infrage, sondern sie bedeuten gegebenenfalls, dass wir in den Maßnahmen nachsteuern müssen.

Die Kernbrennstoffsteuer bleibt erhalten, weil die Aufgaben, unter anderem die Sanierung der Asse, die möglicherweise einen Milliardenbetrag erfordern wird, auch ebenfalls erhalten bleiben.

Wir reichen auch die Hand, im Energiekonsens ebenfalls einen Schritt zu einem Endlagerkonsens in Deutschland zu machen ‑ das ist als ein Teil der Kernenergiefrage eines der Kampfthemen seit Jahren und Jahrzehnten in unserem Land ‑, indem wir vorschlagen, neben der ergebnisoffenen Erkundung von Gorleben ‑ das ist klar ‑ auch die unterschiedlichen geologischen Formationen und alternative Entsorgungsoptionen offen zu diskutieren und dazu auch ein offenes Verfahren zu initiieren, an dem wir möglichst viele beteiligen wollen.

Dies ist eine klare und ambitionierte Entscheidung für den Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land und bedeutet gut eine Verdoppelung auf 35 Prozent in neun Jahren, nämlich bis 2020. Wir erstreben den Charakterwandel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von einem Subventionsgesetz, das blind ist für die Frage, ob der aus erneuerbaren Energien produzierte Strom auf eine Nachfrage trifft, hin zu einer Markt- und Nachfrageorientierung. Das ist, wenn sie zur Grundversorgung mit Strom zählen sollen, schon bei 35 Prozent notwendig, aber erst recht bei 80 Prozent, die wir erstreben. Darum nutzen und realisieren wir durch technologische Entwicklung, durch Marktpreisentwicklung konsequent die Kosteneffizienz, die im System steckt. Nicht die Höhe von Subventionen ist der Gradmesser des Erfolgs, sondern eigentlich ist es das Maß, in dem sich Subventionen überflüssig machen, weil die Technologien nach und nach im Markt wettbewerbsfähig werden.

Wir werden die Begünstigung für stromintensive Unternehmen deutlich ausweiten und auch im System verändern. Bislang gibt es eine Förderung in einem Zwei-Stufen-System, zwei Treppenstufen der Förderung. Unternehmen mit einem Verbrauch bis 10 Gigawattstunden im Jahr ‑ das ist ziemlich viel ‑ bekommen bislang überhaupt keine Förderung, und dann wird zweimal abgestuft, bis 0,05 Cent. Das ist eine extreme Förderung. Das verändern wir, indem wir ein lineares System, also eine gleitende Förderung nach dem Prinzip einführen: Je mehr Strom, beginnend bei einer Gigawattstunde, verbraucht wird, desto höher ist die Förderung.

Das heißt: Wir leisten auch mit der Novelle des EEG einen wirklich ausdrücklichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit gerade der stromintensiven Industrie, und das ist auch genau unser Verständnis der Energiepolitik, die wir machen. Der Ausbau der Infrastruktur gehört ebenso dazu wie die Sicherstellung der Finanzierung wichtiger Maßnahmen der Energie- und Klimapolitik in dem sondergesetzlich begründeten Energie- und Klimafonds, in dem ja nunmehr die 300 Millionen Euro aus dem Ertrag der Brennstoffsteuer fehlen, welcher aber dadurch ersetzt wird, dass die gesamten Einnahmen aus dem CO2-Zertifikatehandel ‑ das sind noch einmal (900 Millionen) Euro mehr als vorher vorgesehen waren ‑ in diesen Fonds überführt werden. Dieser Fonds hat den Vorteil, dass er eine festgelegte Zahl von Zwecken hat, für die das Geld ausgegeben wird, und er unterliegt nicht der Annuität, der Jährlichkeit, des üblichen Haushalts. Das heißt, es ist möglich, dass wir Berechenbarkeit und Verlässlichkeit in den finanziellen Zusagen erreichen.

Alle diese Fragen drücken aus, dass nach unserem Verständnis die Befriedung in der Frage der Kernenergienutzung dazu führt, dass Deutschland die Kräfte bündelt, um ein neues Wachstumsprojekt zu realisieren, ein Gemeinschaftswerk, wie es die Ethikkommission zutreffend genannt hat. Dafür braucht man die Kommunen, die Länder, den Bund; die gesellschaftlichen Gruppierungen müssen europäisch integriert sein, aber es ist ein großes nationales Projekt, für das mit diesem Konzept die Grundlage gelegt ist. Wir wollen diesen Konsens, weil er ein Teil des Erfolges ist. Wir reichen jedenfalls die Hand und hoffen, dass sie ergriffen wird.

BM DR. RAMSAUER: Frau Bundeskanzlerin, meine sehr geehrten Damen und Herren, als wir das letzte Mal hier an dieser Stelle und in dieser Runde zusammen waren, habe ich Ihnen eine sehr wichtige Zahl genannt. Ich möchte sie noch einmal an den Ausgangspunkt meiner Darlegungen stellen. Etwa 70 Prozent des gesamten Primärenergiebedarfs werden im Bereich von Verkehr und im Bereich der Gebäude eingesetzt. Das zeigt schon, welch riesiges Potenzial in den Bereichen Verkehr und Bau und damit in meiner Ressortzuständigkeit liegt.

Im Grunde genommen sind es drei wesentliche Punkte, die ich Ihnen vorzutragen habe und die im Bereich unseres Energiekonzepts in mein Haus hineinreichen.

Der erste Punkt ist das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Wir haben seit Bestehen dieses Programms, seit dem Jahr 2006, erhebliche Energieeinsparerfolge erzielt. Um Ihnen eine Vorstellung davon zu geben: Pro Jahr wurden etwas mehr als 4 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Wenn Sie das über die fünfeinhalb Jahre hochrechnen, so hat allein dieses CO2-Gebäudesanierungsprogramm über die Jahre kumuliert schon 20 Millionen Tonnen bis 25 Millionen Tonnen CO2-Einsparung erbracht.

Ich freue mich sehr, dass nach den Verunsicherungen der Haushaltsverhandlungen der letzten Jahre ‑ obwohl sie in der Frage der Dotierung der CO2-Gebäudesanierung immer einigermaßen vernünftig geendet haben ‑ nunmehr in den kommenden Jahren eine verlässliche Summe von jährlich 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung steht. Ich habe immer darauf hingewiesen, dass wir hier eine Verstetigung brauchen; denn auf den Bereich der CO2-Gebäudesanierung haben sich ganz neue Wirtschaftszweige spezialisiert. Diese kann man nicht ein Jahr hoch-, dann wieder herunter- und dann wieder hochfahren. Das braucht Kontinuität.

Wir liegen mit diesen 1,5 Milliarden Euro pro Jahr höher als im Durchschnitt der Jahre seit 2006. In dieser Zeit waren es im Durchschnitt gut 1 Milliarde Euro jährlich. Dadurch sichern wir die CO2-Gebäudesanierung nicht nur, sondern wir verleihen ihr zusätzlichen Schwung.

Der zweite Punkt betrifft die Ertüchtigung der bestehenden Windkraftanlagen, der Ertüchtigung der Windkraft. Sie kennen bisher dafür den Begriff des Repowering. Das heißt, dass bestehende Windkraftanlagen durch zahlenmäßig weniger, aber dafür stärkere ersetzt werden. Als die Regierung Kohl im Jahr 1991 das Stromeinspeisungsgesetz verabschiedet hat, begann der Bau von Windkraftanlagen. Aus dieser Zeit gibt es noch viele Anlagen im Bereich von einem halben Megawatt, von einem Megawatt, von 1,5 Megawatt. Wir können diese ertüchtigen, das heißt diese bestehenden alten durch weniger neue ersetzen. Das dient im Übrigen auch der Akzeptanz bei der Bevölkerung; denn mancherorts wird über ‑ das ist nicht mein Begriff, aber häufig wird er gebraucht ‑ die Verspargelung der Landschaft geklagt. Wenn weniger, aber stärkere solche Anlagen bei uns stehen, dann dient das auch der Akzeptanz. Wir werden entsprechende Änderungen im Baugesetzbuch vornehmen. Das heißt, wir schaffen mehr Rechtssicherheit beim Rückbau bestehender Anlagen und beim Ausweisen neuer Flächen.

Der dritte Bereich betrifft das Bauplanungsrecht insgesamt. Ich habe ohnehin seit eineinhalb Jahren an einer umfassenden Baurechtsnovelle gearbeitet. Die energierelevanten Bestandteile ziehen wir jetzt heraus und ziehen diese vor. Wir kleiden dies in ein Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden. Das betrifft beispielsweise die Genehmigungserleichterung für Fotovoltaikanlagen an oder auf Gebäuden.

Im Übrigen haben wir ‑ das gehört auch noch hierher ‑ bereits im Kabinett ein sogenanntes Erstes Gesetz zur Änderung schifffahrtsrechtlicher Vorschriften beschlossen. Das hat nicht unmittelbar mit der Schifffahrt zu tun, aber in diesem Gesetz ist geregelt, wie Offshore-Windkraftanlagen genehmigt werden. Sie werden bisher von einer Fülle von Behörden genehmigt. Das wird jetzt beim BSH, beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, gebündelt. Das ist eine erhebliche bürokratische Erleichterung beim Ausbau der Offshore-Windkraft.

FRAGE: Herr Röttgen, inwieweit können nach diesen Beschlüssen Reststrommengen übertragen werden?

Sie sagten, bis spätestens 2021 seien die sechs nächstältesten Atommeiler vom Netz und bis spätestens 2022 die restlichen. Haben Sie eine Vorstellung davon, ob dann alle auf einen Schlag zu den jeweiligen Endzeitpunkten vom Netz gehen oder wie sich das bis dahin vielleicht schrittweise vollzieht?

BM DR. RÖTTGEN: Die Regelung, die wir vorschlagen und vorsehen, sieht vor, dass wir die Strommenge von einem 32-jährigen Betrieb der Kernkraftwerke zugrundelegen, inklusive der Strommengen des Kernkraftwerks Krümmel und der Strommengen, die Teil des Stilllegungsvergleiches für Mülheim-Kärlich waren. Das ist also eine Strommenge, die dem Betrieb von 32 Jahren entspricht. Diese Strommenge steht nun den Kernkraftwerksbetreibern für den Zeitraum bis 2021 bzw. bis 2022 für den Weiterbetrieb der neuen Kernkraftwerke zur Verfügung.

Darum wird es auch zu Strommengenübertragungen kommen, aber eben im Unterschied zur bisherigen Gesetzgebung und Gesetzgebungssystematik nicht mit der Wirkung, dass dadurch der Endzeitpunkt hinausgezögert werden könnte. Dass es keinen Endzeitpunkt gab, ist ja das bisherige Konzept von Strommengenübertragung. Eine vorhandene Strommenge konnte theoretisch auf wenige Kernkraftwerke übertragen werden, mit der Folge, dass der Betrieb eines Kernkraftwerkes über Jahre hinausgeschoben wird. Das ist nun anders. Die sechs Kernkraftwerke müssen ihren Betrieb Ende 2021 einstellen, die drei verbleibenden Ende 2022, und es gibt keine über diese Zeitpunkte hinausreichende Strommengenübertragung. Innerhalb des Zeitraums kann übertragen werden. Dann wird sich zwangsläufig aus dem Alter der Kernkraftwerke ein gestaffeltes Vom-Netz-Gehen ergeben.

ZUSATZFRAGE: Sie haben also noch keine weiteren Stufen eingeführt?

BM DR. RÖTTGEN: Nein. Wir haben auch noch nicht festgelegt, wie wir das genau ausgestalten. Das werden wir jetzt natürlich tun; heute haben die Arbeiten dazu begonnen. Ich denke aber, dass das im Kern darin besteht, dass die Kernkraftwerksbetreiber die Strommengen, die sie haben, innerhalb dieses Zeitraums zwischen den einzelnen Kernkraftwerken übertragen können ‑ wie gesagt mit der Besonderheit, dass die drei jüngsten, modernsten Kraftwerke ein Jahr länger laufen können, dann aber auch vom Netz gehen müssen.

FRAGE: Herr Röttgen, eine der Maßnahmen, die aus der letzten Nacht bekanntgeworden sind, ist das Kraftwerk für die sogenannte kalte Reserve. Muss dieses Kraftwerk ‑ das ja dann eines der sieben ältesten sein soll, wenn ich das richtig verstanden habe ‑ vorher die Nachrüstung erfahren, die aus dem Katalog der Reaktorsicherheitskommission bekannt wurde, um als Kaltreserve überhaupt infrage zu kommen?

BM DR. RÖTTGEN: Das ist ja eine sehr spezielle Frage. Ich kann sie zunächst einmal im Allgemeinen beantworten: Das bestehende Nachrüstprogramm und übrigens auch das, was wir an neuen und dynamischen neuen Vorschriften in das Atomgesetz aufgenommen haben, stand gar nicht zur Diskussion, sondern das ist so, das bleibt so und das wird abgearbeitet. Es wird in den zehn Jahren keine Politik geben und keinen Verwaltungsvollzug nach der Maßgabe geben: "Das Ende ist ja absehbar, also gibt es einen Sicherheitsrabatt". Den wird es nicht geben. Vielmehr ist Sicherheit die Bedingung des Betriebs bis zur letzten Stunde.

Ob es überhaupt zu dieser Reservefunktion kommt, ist noch offen, aber die Angaben der Bundesnetzagentur müssen selbstverständlich ernstgenommen werden. Diese Frage muss man durch Faktenerhebung noch weiter erhärten, insbesondere im Hinblick auf die Frage: "Welche fossilen Reservekapazitäten stehen zur Verfügung?". Das sagt auch die Bundesnetzagentur selber. Falls es überhaupt notwendig sein sollte, wäre es die Aufgabe der Bundesnetzagentur, das zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität notwendige Kernkraftwerk zu bestimmen. Darum muss auch bei den dafür geeigneten Kernkraftwerken selbstverständlich die Sicherheit gewährleistet sein.

BK'IN DR. MERKEL: Das Kernkraftwerk bräuchte dann ja auch eine Betriebsgenehmigung.

BM DR. RÖTTGEN: Ja, klar.

BK'IN DR. MERKEL: Ich will eines noch einmal deutlich machen: Wir haben die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Blackout in Deutschland gibt. Die Behörde, die uns dafür die sachlichen Angaben machen kann, ist die Bundesnetzagentur. Die Bundesnetzagentur hat uns am Freitag einen Bericht übergeben, nach dem sie nicht für alle Wintertage ‑ nach dem Stand von Freitag ‑ sicherstellen kann, dass insbesondere im südlichen Bereich Deutschlands ausreichend Reserven da sind, um die Netzstabilität unter allen denkbaren Witterungsbedingungen zu garantieren.

Wir haben durch Fukushima gelernt, dass wir mit Risiken anders umgehen müssen. Das heißt, wir können mit dem Risiko eines Blackouts jetzt auch nicht so umgehen, dass wir hoffen, dass das schon nicht passieren wird, sondern wir müssen das sorgsam machen; denn der Schaden für das Land wäre im Falle eines solchen Blackouts beträchtlich. Wir würden es bevorzugen, wenn sich Kaltreserven finden, die nicht aus dem Bereich der Kernenergie, sondern aus dem fossilen Bereich kommen. Deshalb haben wir die Netzagentur auch gebeten, das primär zu prüfen. Nur, wenn es keine andere Möglichkeit gäbe, würden wir die Netzagentur bitten, ein solches Kernkraftwerk herauszusuchen. Dann verlassen wir uns aber auch auf die Hinweise der Bundesnetzagentur dafür.

Um ganz deutlich zu dokumentieren, dass das kein Hintertürchen ist, haben wir gesagt: Das gilt nur für zwei Jahre, also nur für zwei Winter. Wir haben außerdem deutlich gemacht und werden das auch im Atomgesetz deutlich, dass alle sieben ältesten Kraftwerke aus der Leistungserbringung ausscheiden. Das heißt, eine Betriebsgenehmigung kann es überhaupt nur noch geben, wenn die Netzagentur, wie sie das darf, anweist, dass zur Sicherung der Netzstabilität eine zusätzliche Kapazität nötig ist.

BM DR. RÖTTGEN: Das Recht zur kommerziellen Leistungserbringung erlischt, und (diese Bereitstellung einer Reserve) wäre gewissermaßen eine Inanspruchnahme einer Kapazität im öffentlichen Interesse, nämlich für die Netzstabilität ‑ falls es unausweichlich sein sollte, die vorhergehenden Möglichkeiten nicht bestehen und die Notwendigkeit da ist.

FRAGE: Anknüpfend an die kalte Reserve ‑ ich weiß nicht, wer das beantworten kann, Herr Röttgen oder Herr Rösler ‑: Wer zahlt denn die Kosten für diese Stand-by-Lösung? Muss das das Unternehmen übernehmen oder wird das von anderen getragen?

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben ja auf den beschleunigten Ausbau der Netze hingewiesen. Sind Sie bereit, dieses Gesetz notfalls auch gegen den Widerstand der Bundesländer ‑ Sie treffen sich ja noch mit den Ministerpräsidenten ‑ zu beschließen? Offenbar gibt es die Rechtsauffassung, dass das theoretisch auch ohne Zustimmung des Bundesrates ginge.

BK'IN DR. MERKEL: Es geht in Form eines zustimmungsfreien Gesetzes, das heißt, eines Einspruchsgesetzes. Ein solches Einspruchsgesetz wird nicht am Bundesrat vorbei verabschiedet, sondern ein solches Einspruchsgesetz wird im Bundesrat natürlich behandelt. Es bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Länder, um dieses Gesetz zu Fall zu bringen, und nicht nur eine einfache Mehrheit. Wenn also gesagt wird, wir wollten etwas am Bundesrat vorbei machen, möchte ich dazu sagen: In Deutschland kann man am Bundesrat vorbei kein einziges Gesetz beschließen.

Zweitens. Wir waren selbst überrascht, dass dieses Netzausbaugesetz zustimmungsfrei ist, aber die Verfassungsressorts sagen uns dies übereinstimmend.

Drittens. Wenn wir den Netzausbau beschleunigen wollen, brauchen wir einen Geist der Kooperation zwischen Bund und Ländern. Das heißt, wir werden die Diskussion mit den Ländern so führen, dass wir um ihre Zustimmung werben, und werden es nicht darauf anlegen, dass die Länder in Totalopposition gegen unseren Versuch, die Netze schneller auszubauen, arbeiten; denn dann würden wir auch nicht vorankommen. Insofern ist das ein absolut kooperativer Angang. Deshalb trifft der Chef des Kanzleramtes am Mittwoch die Chefs der Staatskanzleien, auch zur Vorbereitung des Treffens mit den Ministerpräsidenten, das wir am Freitag haben werden. Wir werden sehr darauf achten, dass wir eine gemeinsame Linie mit den Ländern finden. Deshalb ist es sehr wichtig, diesen kooperativen Geist auch wirklich deutlich zu machen. Deshalb habe ich das hier noch einmal unterstrichen.

BM DR. RÖSLER: Vielleicht kann ich Ihre Frage zum Thema der Kosten der Reserve beantworten. Es wurde schon angesprochen, dass die Bundesnetzagentur deutlich gemacht hat, dass sie nicht (ausschließen) kann, (dass) in den nächsten ‑ insbesondere den nächsten beiden ‑ Wintern Reserven zur Netzstabilisierung notwendig sind. Zum Umfang: Das wären ungefähr 1.000 Megawatt. Bisher haben wir im konventionellen Bereich ungefähr 300 Megawatt, das heißt, es gibt eine gewisse Lücke. Da war die Überlegung, diese Lücke über Reserven aus den stillgelegten und vom Netz gegangenen Kraftwerken selber zu decken. In welchem Umfang, in welchem Zustand sich die Kraftwerke befinden, muss zunächst einmal geklärt werden. Das ist jetzt Aufgabe der Fachbehörde, also der Bundesnetzagentur. Davon hängt natürlich eins zu eins auch die Kostensituation ab.

Unabhängig von den eigentlichen Größenordnungen ist klar: Diese Maßnahme dient zur Stabilisierung des Netzes und ist am Ende von den Netzbetreibern zu tragen. Das gilt im Übrigen auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei den Kaltreserven im konventionellen Kraftwerksbereich. Auch dort dient diese Kaltreserve zur Sicherheit, zur Netzstabilisierung, und dort sind die Kosten ebenfalls vom Netzbetreiber selber zu tragen.

FRAGE: Herr Röttgen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es keinen stufenweisen Abschaltplan für die verbleibenden neuen Kraftwerke. Heißt das, alle diese Kraftwerke werden irgendwann in 2021 auf einmal vom Netz gehen?

BM DR. RÖTTGEN: Nein. Zunächst einmal muss ich sagen: Wir haben das gesetzestechnisch noch nicht im Einzelnen umgesetzt und umgewandelt. (Dass alle Kraftwerke gleichzeitig vom Netz gehen), wird deshalb nicht der Fall sein, weil die Strommengen nicht ausreichen, um alle neuen Kernkraftwerke bis zu den Endzeitpunkten 2021 bzw. 2022 zu führen. Ich sagte ja, dass 32 Jahre Laufzeit zugrundegelegt worden sind. Manche bzw. die meisten dieser Kernkraftwerke haben ihr Laufzeitende nach 32 Jahren deutlich früher als 2021 und 2022. Hinzu kommen aber noch die Strommengen aus Mülheim-Kärlich und Krümmel, sodass sich aus den nach 32 Jahren endenden Laufzeiten ‑ das fängt circa 2014 bei Grafenrheinfeld an und geht bei anderen dann Jahr für Jahr hoch ‑ Verlängerungen ergeben. Das wird aber eben nicht 2021, sondern bis zu einem Zeitpunkt vor 2021 sukzessive auslaufen.

BK'IN DR. MERKEL: Am Montag werden wir die Novelle des Atomgesetzes im Kabinett haben. In dieser Novelle des Atomgesetzes wird dann zugeordnet werden bzw. bis dahin wird besprochen werden, wie die verschiedenen Kraftwerke bedient werden. Dabei müssen ja auch noch ein paar eigentumsrechtliche Fragen beachtet werden usw., zum Beispiel auch die Frage, wem die Strommengen von Krümmel eigentumsrechtlich gehören, wie man damit verfährt und ähnliches. Das heißt also, das wird eine Kaskade von Abschaltungen sein und nicht an zwei Tagen geschehen.

FRAGE: Heute morgen hat Professor Töpfer in der Bundespressekonferenz noch einmal sehr deutlich gemacht, dass der Zehn-Jahres-Zeitraum das Maximum sei, man könne aber auch schneller aussteigen, wenn man das so wolle. Ich würde gerne noch einmal hören, warum sie sich für die längere Variante entschieden haben.

Die zweite Frage: Sie haben im September von einer Revolution in der Energiepolitik gesprochen. Womit haben wir es jetzt zu tun?

BK'IN DR. MERKEL: Die Revolution bezog sich auf das Zeitalter der erneuerbaren Energien und den Weg zur Erreichung dieses Zeitalters. Wir haben jetzt das entsprechende Ziel des Energiekonzepts (vom Herbst letzten Jahres), also die Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien bis zum Jahre 2020, übernommen, und haben diesen Teil des Energiekonzepts sozusagen eins zu eins in unser jetziges Energiekonzept eingebaut. Der Unterschied ist, dass wir die sieben ältesten Kernkraftwerke jetzt sehr schnell vom Netz nehmen und dass wir insgesamt schneller aus der Kernenergie aussteigen, dass wir dafür aber mehr Zubau an fossilen Energieträgern brauchen ‑ sprich zum Beispiel Gaskraftwerke und Ähnliches. Auch mit Blick auf unsere Energieszenarien, die wir berechnet haben, müssen wir jetzt ambitionierter vorangehen, zum Beispiel was die Erreichbarkeit einer Reduktion der CO2-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 anbelangt. Wir haben dabei also keine Reserven mehr.
Das hat uns dazu geführt, zu sagen: Mit der Art, wie Netzausbau in Deutschland im Augenblick betrieben wird, mit der Art, wie Repowering betrieben wird, wird das nicht zu schaffen sein. Deshalb nehmen wir genau in diesen Bereichen eine Beschleunigung vor, genauso wie wir versuchen, den Kraftwerksneubau zu beschleunigen, um da wirklich auf der sicheren Seite zu sein. Die Zielausrichtung der Erreichung des Zeitalters der erneuerbaren und die verschiedenen Stufen sind aber eins zu eins wieder eingeflossen. Das war das Revolutionäre an diesem Konzept. Hinzu kommt eben der schnellere Ausstieg aus der Kernenergie insgesamt.

Zu Ihrer ersten Frage: Wir haben uns sehr gut überlegt, wie die Ersatzkapazitäten geschaffen werden können, wie der Netzausbau stattfinden kann und wie das mit den Reststrommengen von Krümmel und Mülheim-Kärlich aussieht, und haben uns für die Variante entschieden, dass wir es auch als ein Jahrzehnt empfinden, wenn wir sagen: Bis Ende 2022. Wir haben allerdings sehr genau festgelegt ‑ der Umweltminister hat darauf hingewiesen ‑, dass nur die drei neuesten Kernkraftwerke ‑ und damit auch die Kernkraftwerke mit dem höchsten Sicherheitsstandard ‑ im Jahre 2022 noch laufen werden. Insofern glauben wir, dass die Philosophie, dass Sicherheit das Wichtigste ist, auch in der Abwägung, wie lange das laufen kann, eine Rolle gespielt hat.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, international wird der deutsche Beschluss mit großem Interesse und manchmal auch mit Kopfschütteln verfolgt. Sehen Sie in diesem deutschen Beschluss ein Modell, dem andere Länder folgen könnten? Was für Auswirkungen hat das insbesondere auf die Beziehungen zu den Nachbarländern, wo jenseits der deutschen Grenze ja noch relativ viele Atomkraftwerke stehen?

BK'IN DR. MERKEL: Wir haben in Europa eine sehr unterschiedliche Situation. Unser Nachbar Frankreich zum Beispiel bezieht 80 Prozent seines Stroms auf der Basis von Kernenergie. Was wir erreicht haben, ist, dass alle europäischen Kernkraftwerke jetzt einem Stresstest unterzogen werden. Das heißt, wir nähern uns auch einer besser vergleichbaren Sicherheitsstruktur an. Die Herangehensweise ist aber unterschiedlich.

Es ist richtig, dass dieser Beschluss außerhalb Deutschlands sehr interessiert verfolgt wird. Die Mitglieder der Ethikkommission haben uns erzählt, dass sie unglaublich viele Nachfragen aus anderen Ländern haben, in denen jetzt gefragt wird: "Wie macht ihr das?". Insofern wird darauf sicherlich ein Blick geworfen. Wir glauben, dass wir den Ländern, die sich entscheiden, entweder aus der Kernenergie auszusteigen oder gar nicht erst einzusteigen, zeigen können, dass Wachstum, Arbeitsplätze, wirtschaftliche Prosperität und eine Energieversorgung in Richtung von erneuerbaren Energien zusammengehen. Das ist unser eigentlicher Punkt. Wir kommen hier zu einer neuen Form von Wachstumsmöglichkeiten. Das ist heute noch einmal deutlich gemacht worden: Die Afrikanische Union zum Beispiel hat sich entschieden, im Wesentlichen ohne Kernenergie bzw. ohne den Neubau von Kernkraftwerken auszukommen. Gerade für diese afrikanischen Länder könnte das insofern ein interessantes Modell sein, aber genauso auch für europäische Länder, die sich anders entscheiden.

Wir glauben außerdem, dass wir sehr gute Exportchancen haben werden, denn der Druck, sich mit den Fragen der erneuerbaren Energien zu befassen, nimmt jetzt zu. Sie müssen sehen: Irgendwann schlagen Quantitäten ja auch in Qualitäten um. Wenn Sie vier Prozent Strom aus erneuerbaren Energien haben, dann fällt es nicht sonderlich auf, wenn Sie etwas am Einspeisegesetz ändern. Wenn Sie einen Anteil von 17 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien haben, dann merken Sie schon, was für Wirkungen das hat. Bei 35 Prozent müssen Sie Marktkonformität auch im Bereich der erneuerbaren Energien in gewisser Weise einführen. Und wenn Sie einmal 50 Prozent haben, dann wird das überhaupt nicht mehr anders gehen; denn sonst hätten Sie eben riesige Amplituden und ansonsten nur noch Grundlastkraftwerke, die teilweise stillstehen.

Das heißt, wir lernen bei der Erzeugung der erneuerbaren Energien auch sehr viel, und zwar sowohl von der Rechtstechnik her als auch von der Fördertechnik und von der Vernetzung her. Es wird jetzt immer mehr Kombinationen geben, also zum Beispiel, dass man Windkraft mit Biomasse und anderen Formen (erneuerbarer Energieerzeugung) vernetzt und daran dann auch Speichertechnologien anschließt, um quasi eine dauerhafte Betriebsbereitschaft auch von erneuerbaren Energien zu erzeugen. Das heißt, zu den einzelnen Fähigkeit, ein Windkraftwerk oder eine Biogasanlage zu bauen, werden Komplexe Fähigkeiten hinzukommen, die wir mit Sicherheit auch gut in anderen Ländern vermarkten können. Das, glauben wir, ist ein großer Gewinn für uns.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, der Ausstiegsbeschluss von Rot-Grün zielte auf das Jahr 2022. Ist das jetzt für Sie eine politische Niederlage oder einfach Ironie der Geschichte?

BK’IN DR. MERKEL: Die Systematik des rot-grünen Ausstiegsbeschlusses war erstens eine ganz andere. Dort hat man sozusagen mit Rechtssicherheit bestimmte Strommengen zugeordnet. Das heißt, es war ein rollender Ausstieg. Wir haben jetzt schon festgestellt, dass viele der erwarteten Strommengen noch gar nicht von den Kernkraftwerken abgeflossen waren. Das heißt, der Ausstieg hätte sehr viel später stattgefunden. Das nur zur Rechtstechnik. Wir kommen jetzt zu einem festen Ausstiegsdatum.

Das, was für uns interessant ist, was wichtig ist und was vorher von niemandem geleistet wurde, ist, dass wir beschreiben können, wie wir den Weg dahin schaffen. Sie sehen an der Gruppe von Gesetzen, die wir nächste Woche im Kabinett behandeln werden, dass für diesen Weg noch viel zu tun ist und auch rechtliche Grundlagen zu schaffen sind. Diese Beschreibbarkeit, dass wir nicht die Versorgungssicherheit verlieren, dass wir nicht importieren müssen und nicht sagen, dass das nicht mehr für die Menschen bezahlbar ist und wir uns um die energieintensive Industrie kümmern, ist das qualitativ Neue.

Wir haben wir uns jetzt für ein Ausstiegsdatum entschieden. Ob das dem Beschluss von Rot-Grün nun ähnlich oder unähnlich ist, ist für mich kein Punkt. Wir haben gesagt: Wir wollen es schnellstmöglich machen. Wir haben gesehen, dass wir das mit dem heute vorhandenen Rechtsinstrumentarium nicht schaffen werden. Das heißt: Die Machbarkeit, die Realisierbarkeit und damit auch die Akzeptanz für Wirtschaft und Bürger werden durch unser Konzept aus meiner Sicht sehr verbessert.

FRAGE: Sie haben viel von dem Gesetzespakt und den Ausbau der erneuerbaren Energien gesprochen. Ich habe vermisst, dass etwas zum Erneuerbare-Energien-Gesetz gesagt wurde, was ja immer noch nach Aussage des BMU die Grundlage ist. Wird im Rahmen dieses ganzen Pakets ‑ es gibt ja einen Referentenentwurf ‑ auch das EEG mit abgestimmt? Oder wird es nur Eckpunkte geben? Wie ist genau der Zeitplan? Ist es denkbar, dass auch bestimmte Dinge auf den Herbst verlagert werden?

BM DR. RÖTTGEN: Das EEG und die Novelle des EEG sind Teil dieses Gesetzgebungspaketes ‑ da haben Sie völlig Recht ‑, weil es ein elementarer Teil des Einstiegs ist. Neben der Energieeffizienz ist die Ersetzung insbesondere von Kernenergie durch erneuerbare Energien der Weg, dies zu verwirklichen. Darum gehört das dazu.

Ich habe eben einige Elemente des EEG erwähnt, das Teil des Kabinettsbeschlusses am 6. Juni sein wird und dann in die parlamentarische Beratung geht. Ich habe davon gesprochen, dass wir schrittweise die Marktorientierung durch Einführung einer Marktprämie erreichen. Ich habe davon gesprochen, dass wir die Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen verändern werden, die Teil des EEG ist. Wir haben uns auch darauf verständigt, bei der Fotovoltaik zwei Änderungen vorzunehmen. Das ist zum einen eine Ausweitung von Flächen, auf denen Fotovoltaik zusätzlich gefördert werden soll, nämlich auch auf solchen Konversionsflächen, die FFH-Gebiete sind ‑ also nicht in FFH-Gebieten generell, sondern auf militärischen oder industriellen Konversionsflächen, die auf stark beanspruchte Flächen sind. Zum Ausgleich diskutieren wir zwischen den Ressorts, dass es zu dem Volumenausbau, der dazu kommt, noch einmal im nächsten Jahr möglicherweise einen weiteren einmaligen Degressionsschritt von 6 Prozent zum 1. März des nächsten Jahres geben soll.
Wir haben bei der Biomasse noch einmal eine Veränderung zum Referentenentwurf vorgenommen. Wir wollen kleine Hofanlagen, die insbesondere auch zur Gülleverwertung dienen, besonders fördern, um die Dezentralität in diesem Bereich zu realisieren. Wir werden bei den großen Biogasanlagen noch einmal mit der Vergütung von 6 auf 5 Cent heruntergehen. Sie sehen also, dass wir dort schon relativ effiziente Zahlen realisieren können.

Wir sehen vor, dass ab 2014 diese großen Anlagen, die auch eine Speicherfunktion haben ‑ Biomasse und Biogasanlagen sind neben der Wasserkraft die bislang einzig wirklich relevant speicherfähigen erneuerbaren Energien ‑, zwingend und vorgeschrieben obligatorisch in die Marktverwertung gehen sollen. Sie sollen also keine feste Vergütung, sondern eine Marktvergütung erhalten.

Das waren die wesentlichen Punkte aus dem Bereich. Es mag noch ein paar andere Punkte geben, aber das sind die wichtigsten.

FRAGE: Herr Röttgen, Sie sprachen von einer Endlagersuche insbesondere von Gorleben. Sie sagten, es gebe eine ergebnisoffene Prüfung. Sie haben gesagt, dass noch andere geologische Formationen geprüft werden. Diese Formulierung hört man immer wieder. Heißt das, dass es eine neue ergebnisoffene Endlagersuche auch zum Beispiel im schönen Bayern gibt?

BM DR. RÖTTGEN: Das, was wir neben der Fortführung vorschlagen, ist, dass wir ein Verfahren finden, um uns darauf zu verständigen, nach welchen Kriterien und unter wessen Beteiligung geologische Formationen untersucht und bewertet werden sollen. Wer macht das wann, wie und mit welcher Verbindlichkeit? Neben dieser Bewertung von geologischen Formationen wollen wir auch die Diskussion und die Abwägung führen, ob es auch andere Entsorgungsoptionen gibt. Das ist auch die Option unterirdische oder oberirdische Lagerungen. In den USA gibt es diesen Trend, dauerhafter und längerfristiger oberirdisch zu lagern. Das ist kein Präjudiz und keine Festlegung für irgendetwas. Wenn man das Thema öffnen und einen Konsens haben möchte, muss man auch die Fragestellung, die in der Sache vorhanden ist, partei- und gesellschaftsgruppenübergreifend neu aufgreifen. Das soll geschehen.

Ich kann keine Ergebnisse eines solchen Verfahrens vorwegnehmen, weil es dann zu einer Bewertung von geologischen Formationen in einem solchen Verfahren kommen soll. Das kann ich heute nicht vorweg beantworten, sondern das muss ja gerade bewertet werden. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, wie man Ton und Salz bewertet. Das muss dann in einem Verfahren ermittelt werden.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gesagt, dass der Atomausstieg eine Herausforderung ist. Welche Herausforderungen müssen die normalen Bürger in Deutschland in diesem Zusammenhang hinnehmen?

Zweitens. Ich habe von französischen Wirtschaftsverbänden Kritik vernommen. Wann wird Deutschland nicht mehr von Stromimporten aus Frankreich abhängig sein?

BK’IN DR. MERKEL: Wir haben gesagt, dass wir den Nettobedarf unserer Stromversorgung selber erzeugen wollen. Wir sind Teil des europäischen Energiemarktes. Das heißt, es gibt immer Stromflüsse, die hin- und hergehen. Aber die Erzeugungskapazität für unseren zu gebrauchenden Strom wollen wir selbst schaffen. Es gibt immer unterschiedliche Zeiten: Mal haben wir zum Beispiel sehr viel Wind, und dann ist Frankreich froh, wenn es zum Beispiel sehr heiß ist und die Wasserkühlung in den Atomkraftwerken sehr schlecht funktioniert. Jeder ist also auf jeden im europäischen Markt angewiesen. Wir wollen den europäischen Markt verbessern.

Zweitens. Was die Herausforderungen anbelangt, so ist es so, dass es das Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt und heute eine sogenannte Umlage in diesem Erneuerbare-Energien-Gesetz von etwa 3,5 Cent pro Kilowattstunde festgeschrieben ist. Das heißt, dass auf jede erzeugte Kilowattstunde 3,5 Cent auf den Strompreis aufgeschlagen werden, außer auf die von dieser Umlage ausgenommen energieintensiven Unternehmungen.

Wir wollen im Großen und Ganzen diesen Bereich konstant halten. Wir wollen durch mehr Marktförmigkeit in der zukünftigen Förderung sicherstellen, dass die Größenordnung von 3,5 Cent nicht überschritten wird. Es werden sicherlich noch gewisse Kosten durch den Neubau der Netze entstehen, weil dort vergleichsweise viel passieren muss. Ich kann sagen, wenn man sich in der Vergangenheit die Strompreissteigerungen angeschaut hat, dass das aus meiner Sicht Kosten sind, die durchaus im Rahmen liegen und dass ich Bereiche kenne, in denen die Preissteigerungen noch größer sind. Wir haben viele Preissteigerungen im Abfall- und Abwasserbereich usw. Ich glaube, das ist gemessen an der Größe der Aufgaben vertretbar.

Ein Bereich, in dem wir wirklich aufpassen müssen ‑ und das muss innerhalb Europas geklärt werden ‑, ist der Bereich der energieintensiven Industrie, denn diese liegt in einem globalen Wettbewerb. Da zählt jeder halbe Cent schon sehr, sehr stark.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Sie hatten angekündigt, dass Sie auch den Konsens mit der Opposition suchen, und hatten gestern auch SPD und GRÜNE eingeladen. Sind Sie nach den Gesprächen, die gestern Abend stattgefunden haben, und den Reaktionen heute immer noch optimistisch, dass es gelingen kann, einen parteiübergreifenden Konsens zu finden?

Herr Raumsauer, eine Frage an Sie, weil Sie die Gebäudesanierung angesprochen haben: Halten Sie die Veränderung des Mietrechts, indem man Mieter an den Kosten beteiligt, um die Gebäudesanierung weiter zu forcieren, für ein wichtiges und geeignetes Mittel?

BK’IN DR. MERKEL: Durch unsere Gespräche mit der Opposition haben wir deutlich gemacht: Wir sind an einem solchen Konsens, zumindest, wenn er sich ergibt, interessiert. Wir können unsere Entscheidungen auch als Regierungsmehrheit treffen. Das ist keine Frage. Aber dieses Thema aus den gesellschaftlichen Streitigkeiten weiter herauszuhalten, als das bisher der Fall war, ist, glaube ich, von großem Wert, im Übrigen auch für die Wirtschaft, die nämlich dann Investitionssicherheit hätte. Es ist auch ein ganz wichtiger Punkt, dass nicht zu jeder Bundestagswahl wieder eine größere Auseinandersetzung um die Frage entbrennt, wie die Energieversorgung der nächsten vier Jahre aussieht.

Die Äußerungen, die ich heute höre, sind nicht niederschmetternd, würde ich sagen, sondern durchaus abgewogen, abwartend. Insofern schauen wir jetzt einmal. Die Papiere liegen vor. Wir sind zu allen Informationen bereit. Wir sind offen und werden jetzt zunächst den Verlauf der weiteren Ereignisse abwarten. Wir werden dann sehr konkrete Gesetzgebungsverfahren im Deutschen Bundestag haben, wir werden die Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat haben. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir zum Beispiel beim Netzausbaugesetz eine Mehrheit der Länder suchen, auch wenn wir sie formal gar nicht brauchen. An der Bundesregierung und an den Parlamentsfraktionen, die diese Regierung tragen, soll es nicht liegen, dass wir in irgendeiner Weise einen konfrontativen Kurs fahren. Den Rest muss dann jeder für sich entscheiden.

BM DR. RAMSAUER: Ich darf kurz zum Bereich des Mietrechts ergänzen. Wir arbeiten schon seit einiger Zeit an einer größeren Novelle des Mietrechts. Wenn ich "wir" sage, dann meine ich nicht nur mein Haus, sondern, was die Federführung anbelangt, das Justizministerium; aber mein Haus arbeitet hier natürlich in der materiellen Betroffenheit zu.

Ein großer Aspekt ist die Frage der Überwälzbarkeit von Kosten, die durch energetische Gebäudesanierung entstehen. Ein weiterer Aspekt wäre zum Beispiel die Bekämpfung von Mietnomadentum. Wir sind uns in den Gesprächen einig ‑ Frau Bundeskanzlerin, bei einem unserer Gespräch, die wir hier im Hause mit den gesellschaftlichen Gruppen geführt haben, war auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes dabei ‑, dass es ohne eine solche Abwälzbarkeit von energiesanierungsbedingten Kosten nicht gehen wird. Man muss auch sehen, dass der Mieter, wenn ein Gebäude saniert ist, Einsparungen zu verzeichnen hat, dass dann sozusagen die Komponente der Warmmiete entsprechend für ihn sinkt.

Wir werden allerdings diese Mietrechtsnovelle nicht in dem großen Gesetzespaket mit verabschieden, das wir jetzt am kommenden Montag im Kabinett beraten werden, sondern wir werden dies dann im Laufe dieses Jahres bewältigen.

FRAGE: Sehen Sie es mir nach, dass ich noch einmal auf die Kaltreserve zu sprechen komme. Ich habe schon verstanden, dass Sie sagten, Sie hoffen, dass dieser Spitzenbedarf möglicherweise durch fossilen Träger gedeckt werden könnte, und dass noch nicht sicher ist, ob es dazu kommt. Aber wenn es dazu käme, so habe ich, glaube ich, Herrn Seehofer heute Morgen richtig verstanden, dass er kein Interesse daran hat, Isar I dafür noch einmal ans Netz zu lassen. Von Herrn Kretschmann darf man das auch nicht erwarten. Dann bliebe im Süden nur Biblis und damit ein Betreiber, der sich rechtliche Schritte gegen Ihren beschleunigten Ausstieg vorbehalten hat. Verbinden Sie, da eine solche Stromproduktion für den Eigentümer auch sehr lukrativ sein kann, damit die Hoffnung, die Streitlust oder Klagelust des Betreibers zu mindern?

BK’IN DR. MERKEL: Absolut nicht. Deshalb haben wir auch gesagt: Das entscheiden nicht wir, sondern die Netzagentur soll in Gesprächen mit den Betreibern und den Netzbetreibern entscheiden, wo es am sinnvollsten ist. Die Netzagentur kann das, wenn ich richtig informiert bin, auch in gewisser Weise zuordnen.

Die Netzstabilität ist also in ganz hohem Maße abgesichert. Insofern ist das ein sehr hohes Gut, was vielleicht auch jeder versteht. Im Winter für einige Stunden keinen Strom zu haben, ist ein größeres Ereignis und, ich würde sagen, relativ negativ behaftet. Das möchte man also im Sinne des Vorsorgeprinzips vermeiden. Deshalb sind wir wirklich verpflichtet, hierfür Sorge zu tragen. Wir können doch nicht einen Bericht der Bundesnetzagentur anfordern, in dem steht, nach jetzigem Stand könne man nicht sagen, dass man für alle Tage des Jahres die Stromversorgung sicherstellen könne, und dann sagen: Darauf reagieren wir nicht. Wir haben vielmehr die Pflicht, darauf zu reagieren, wir reagieren aber so, dass wir hier nichts politisch bestimmen, um genau diese Fragestellung zu vermeiden. Deshalb können und wollen wir hier auch nicht spekulieren. Uns ist es wie Herrn Seehofer lieber, es findet sich eine konventionelle kalte Reserve, die dafür eingesetzt werden kann.

>> Diskussion

12 April 2011

PR-Kampagne für Fukushima-Tomaten

Japaner waren führend im Fischverzehr. Das sind sie jetzt zum Leidwesen der japanischen Fischerei nicht mehr. Gleiches gilt für frisches Gemüse. In den Lebensmittelgeschäften sind besonders die älteren Konservendosen gefragt bzw. längst ausverkauft, denn Jodtabletten als Vorspeise sind ebenfalls nicht endlos gesund. Das rief die japanische Regierung auf den Plan: Begleitet von Fernsehteams verkosteten Regierungsmitglieder auf einem Markt Tomaten und Gurken aus der Provinz Fukushima. Ihrem strahlenden Gesichtsausdruck nach zu urteilen, waren sie noch nie so glücklich, in derart Gurken zu beißen. Allerdings ist Radioaktivität geschmacklos, wie auch solche PR-Kampagne.

05 April 2011

Warum es eine Ethikkommission zur Energiepolitik braucht

Weil jahrzehntelang der Konservatismus den Glauben an die radioaktive Risikoenergie gepredigt hat.

Weil sie erkennen müssen, die Werte von Aktien nicht über die Werte der Natur und Sicherheit stellen zu dürfen.
Weil sie sich nicht mit Atomkraftwerken in anderen Staaten rausreden können, wenn sie Atomstrom exportieren und obendrein Milliardenbeträge per Exportbürgschaften für deutsche Atomkraftwerkehersteller besichern.
Weil sie sich nicht mit "menschlichem, technischem Versagen" oder Naturereignissen rausreden dürfem, als seien die Atomkraftwerke aus dem Boden gewachsen und nicht politische Entscheidungen für ein "Restrisiko", das eben nicht einfach nur selten sein darf, sondern auch im Nachhinein akzeptabel.
Weil sie die Werte der Gegenargumente verleumdeten und sich über die Warner lustig machten, als seien die gegen den Fortschritt.
Weil sie noch immer lügen wie Klaus von Dohnanyi, dass alle mitschuldig seien, weil sie unausweichlich Atomstrom konsumieren. Als sei die radioaktive Weichenstellung den Atomkraftgegnern anzulasten. Als wurde nicht von Anfang an genug argumentiert und protestiert. Aber oft genug verprügelt und kriminalisiert von denen, die auf Atomkraft setzten.

Die Atomkraftgegner brauchen keine Ethikkommission, aber diejenigen, die sich ihre Ethik mit Parteispenden oder im Anzeigengeschäft haben korrumpieren lassen von einer Industrie, der sie Milliarden bescherten. - Zur Ethik können sie es schaffen. Zur Unschuld gibt es kein Zurück. Aber die Ethik darf uns reichen, dass nicht noch mehr Schuld wird als in Fukushima und mit den Atommüllbergen.

Markus S. Rabanus (Berlin) >> Atomenergieforum

04 April 2011

Ethikkommission nimmt Arbeit auf

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, teilt mit:
Die unabhängige Ethikkommission "Sichere Energieversorgung" hat heute unter Vorsitz von Prof. Klaus Töpfer und Prof. Matthias Kleiner ihre Arbeit aufgenommen. Zum Auftakt hat die Kommission in Berlin ein Gespräch mit der Bundeskanzlerin und Bundesminister Röttgen geführt. Dabei wurden die Arbeitsschwerpunkte der Kommission erörtert. Die Kommissionsmitglieder stellten dar, welche Fragestellungen ihnen vordringlich erscheinen. Die Kommission hat den Auftrag, vor dem Hintergrund der Ereignisse in Japan die Risiken der Kernenergie und in diesem Zusammenhang die Sicherheit der Energieversorgung neu zu bewerten. Die Ergebnisse der Kommission sollen Ende Mai 2011 vorliegen. Die Bundesregierung wird Anfang Juni eine Gesamtentscheidung zum weiteren Betrieb der Kernkraftwerke in Deutschland und zur Beschleunigung der Energiewende treffen. Grundlage bleiben die anspruchsvollen Ziele des Energiekonzepts vom Herbst 2010.
Ziel der Bundesregierung ist es, einen breiten gesellschaftlichen Konsens und hohe Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen über die Energiewende zu erreichen. Der Grundsatzstreit über die Ausrichtung der Energiepolitik soll überwunden werden. Dazu soll die neu einberufene Ethikkommission mit ihren Empfehlungen eine wichtige Grundlage erarbeiten.

23 Juni 2010

Vollversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2050

Wissenschaftler überreichen Bundesumweltminister Röttgen Studie für eine nachhaltige Energieversorgung
Pressemitteilung BMU EE

Eine neue Studie des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien (FVEE) zeigt, wie sich bis zum Jahr 2050 eine zuverlässige, kostengünstige und robuste Energieversorgung mit erneuerbaren Quellen in Deutschland erreichen lässt. Der Sprecher des FVEE, Prof. Dr. Vladimir Dyakonov, hat diese heute Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen überreicht. Röttgen: "Wenn wir unsere Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien erreichen wollen, dürfen wir an Zukunftsinvestitionen nicht sparen. Wir müssen die Forschung verstärken und die Netze ausbauen. Die Studie belegt, wie sich diese Investitions- und Entwicklungskosten langfristig lohnen, weil die Energieträger günstiger werden." Die Ergebnisse werden in die Arbeiten zum Energiekonzept der Bundesregierung einfließen.

Mit der Studie zeigen die Wissenschaftler, dass mit den entsprechenden Forschungsanstrengungen und den fördernden politischen Rahmenbedingungen eine Vollversorgung auf der Grundlage von erneuerbaren Energien bis Mitte des Jahrhunderts möglich ist. Die Kosten für das nachhaltige Energiesystem liegen langfristig unter denen von herkömmlichen Alternativen.

Weitere Ergebnisse der Studie: Bei der vernetzten Betrachtung aller wichtigen Elemente des nachhaltigen Energiesystems, von der Bereitstellung über den Transport und die Verteilung bis zur Energiedienstleistung, lässt sich die Energieeffizienz erheblich erhöhen. Die gesamte Palette der Erneuerbaren hat ein Potenzial, das um ein Vielfaches höher ist als der durch umfangreiche Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung deutlich gesenkte Gesamtenergiebedarf. Die Vielfalt der Erneuerbaren in Verbindung mit Speichertechnologien gewährleistet dabei, dass die Versorgung jederzeit sichergestellt werden kann. Dazu muss auch der Stromverbrauch über intelligente Stromnetze (smart grids) stärker an das jeweilige Angebot von Wind und Sonne angepasst werden.

Für die Überbrückung längerer Phasen mit geringem Angebot erneuerbarer Energien kann in Zeiten mit hohem Angebot der Strom aus Wind und Sonne in chemischen Energieträgern gespeichert und bei Bedarf ins Netz zurückgespeist werden.

Die Studie steht im Internet auf der Homepage des FVEE unter www.fvee.de zur Verfügung, Rubrik Politik / Stellungnahmen.
  • Windenergie-Forum
  • 14 März 2010

    Greenpeace: "Norbert Röttgen: Der scheinheilige Umweltminister"

    Greenpeace demonstriert für endgültige Aufgabe des Endlagers Gorleben
    14.03.2010, veröffentlicht von Sigrid Totz

    Für die endgültige Aufgabe des geplanten Endlagers für hochradioaktiven Atommüll im Salzstock Gorleben haben Greenpeace-Aktivisten heute Nacht an der Endlagerbaustelle demonstriert. Gorleben: Für Atommüll ungeeignet, Herr Röttgen, projizierten die Aktivisten auf den Förderturm über dem Salzstock. Seit einem im Jahr 2000 von der rot-grünen Bundesregierung erlassenen zehnjährigen Moratorium ruhen die Erkundungsarbeiten im Endlager Gorleben. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) plant nun, den Baustopp aufzuheben und Gorleben nach Bergrecht weiter zu erkunden. Greenpeace fordert die sofortige Schließung des Bergwerks und eine neue ergebnisoffene Endlagersuche.

    In Gorleben entscheidet sich der Atomausstieg. Wer alte Atomkraftwerke länger laufen lassen will, muss eine Lösung für noch mehr hochradioaktiven Müll präsentieren, sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. Mit Gorleben gaukelt Röttgen den Menschen nur etwas vor. Es droht ein zweites Asse-Desaster – mit unabsehbaren Folgen.

    Röttgen plant Weiterbau in Gorleben nach Rahmenbetriebsplan von 1983

    Unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Erkundung wurde der Salzstock Gorleben bereits seit 1986 zum Endlager für hochradioaktive Abfälle ausgebaut. Der Ausbau lief nach Bergrecht. Es gab somit weder ein atomrechtliches Planfeststellung noch Öffentlichkeitsbeteiligung. Warnungen der Wissenschaftler etwa vor fehlendem Deckgebirge über dem Salzstock wurden ignoriert.

    Um nach dem 30. September 2010 den Salzstock Gorleben weiter erkunden zu dürfen, plant Röttgen lediglich einen geänderten Rahmenbetriebsplan auf Basis des ersten Betriebsplanes aus dem Jahr 1983 zu beantragen. Würde er für Gorleben einen neuen Rahmenbetriebsplan einreichen, müsste die Neufassung des Bergrechts angewendet werden. Diese verlangt seit 1990 eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Öffentlichkeit.

    So funktioniert das scheinheilige System Röttgen, sagt Mathias Edler. Während der Minister mit salbungsvollen Worten die Bevölkerung zur Mitsprache aufruft, tut er hinter den Kulissen alles, um genau das zu verhindern.

    Während Röttgen behauptet, die Erkundung Gorlebens sei ergebnisoffen, lassen weitere Fakten andere Schlüsse zu. So lagern bereits 91 Castorbehälter mit hochradioaktivem Atommüll in einer Zwischenlagerhalle direkt über dem Salzstock. Gleichzeitig ist eine dortige Anlage zur endlagerfähigen Verpackung des Atommülls seit 2000 betriebsbereit. Die Pläne der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (heute BfS), wegen negativer Erkundungsergebnisse in Gorleben eine alternative Standortsuche durchzuführen, wurden 1983 auf Druck der Kohl-Regierung gestoppt.

    25 November 2009

    Röttgen: Atomenergie ist Auslaufmodell

    Während zahlreiche Medien mit allerlei schrägen Meinungsumfragen die "Renaissance der Kernenergie" zu beschwören versuchen, obwohl sich mit jeder einfachsten Straßenumfrage ganz andere Ergebnisse nahelegen, räumte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) im Interview mit der Bildzeitung ein, dass die Mehrheiten in Deutschland seit Jahrzehnten gegen Atomenergie sind und sich daran vermutlich auch nichts ändern werde.

    30 September 2009

    UBA: Klimaschutz und Versorgungssicherheit

    Entwicklung einer nachhaltigen Stromversorgung

    Infobroschüre Umweltbundesamt PDF-Download

    von Thomas Klaus, Charlotte Loreck, Klaus Müschen
    Mit Unterstützung von:
    Rolf Beckers, Alexander Boehringer, Sebastian Briem,
    Andreas Burger, Thomas Charissé, Marion Dreher,
    Christoph Erdmenger, Benno Hain, Christian Herforth,
    Helmut Kaschenz, Guido Knoche, Kai Kuhnhenn,
    Jürgen Landgrebe, Harry Lehmann, Kai Lipsius,
    Benjamin Lünenbürger, Werner Niederle, Diana Nissler,
    Andreas Ostermeier, Theresa Pfeifer, Axel Riedel,
    Sylvia Schwermer, Rainer Sternkopf, Carla Vollmer,
    Ulrike Wachsmann
    Umweltbundesamt Dessau-Roßlau, September 2009

    05 August 2009

    Merkel wusste seit 1996 von Atommüll-Risiken der Asse

    Greenpeace fordert Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages
    Pressemitteilung von Greenpeace.de

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war schon vor 13 Jahren über eine mögliche radioaktive Verseuchung des Trinkwassers durch das Atommüllager Asse II informiert. Dies geht aus einem Greenpeace vorliegenden Schreiben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) an das Bundesumweltministerium aus dem Jahr 1996 hervor. Die Untersuchungen des BfS zeigen auf, dass die Lagerung von Atommüll in Salzstöcken mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden ist. So würde ein Voll-Laufen der Asse mit Wasser zu einer 100-fach über den zulässigen Grenzwerten liegenden Strahlenbelastung der Bevölkerung führen. Greenpeace fordert den Einsatz eines Untersuchungsausschusses im Bundestag, der prüft, inwieweit das Endlagerkonzept der Bundesrepublik durch diesen Behördenbericht nicht schon 1996 als gescheitert angesehen werden musste.

    "Merkel ist eine Schlüsselfigur in der Endlagerpolitik und muss vor einen Bundestags-Ausschuss zitiert werden, sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. Sie hat gewusst, dass die Lagerung von Atommüll in Salz nicht sicher ist. Asse und Morsleben hätten sofort dicht gemacht, der Ausbau des Salzstocks in Gorleben gestoppt werden müssen. Morgen beginnt in Hannover der Parlamentarische Untersuchungsausschuss auf Landesebene zu den Vorgängen in der Asse. Die CDU/FDP-Mehrheit verhindert in Niedersachsen jedoch eine Vorladung Angela Merkels.

    Das BfS warnte bereits 1996 davor, dass größere Schwierigkeiten in der Asse das Konzept der Endlagerung von Atommüll in Salzbergwerken in Frage stellen könnten. Das Endlager Morsleben sei nicht mehr zu halten und das geplante Endlager für hochradioaktive Abfälle im niedersächsischen Salzstock Gorleben gefährdet.

    Ungeachtet der Warnungen des BfS hat Angela Merkel als damalige Bundesumweltministerin noch im April 1998 die Betriebszeit von Morsleben um weitere fünf Jahre per Atomgesetzänderung verlängert. Erst eine von Greenpeace angestrengte Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat die weitere Einlagerung von Atommüll in der ehemaligen DDR-Deponie am 25. September 1998 gestoppt. Auch den Ausbau des Salzstocks Gorleben zum Endlager für hochradioaktive Abfälle hat sie durch eine Änderung des Atomgesetzes vorangetrieben.

    Weder die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung, noch die finanziellen Mittel eines Untersuchungsauschusses auf Landesebene reichen aus, um einen Skandal dieser Tragweite aufzuklären. Alle drei Endlagerstandorte werden außerdem vom Bund betrieben. Also muss jetzt auch der Bundestag aufklären, sagt Mathias Edler.

    14 Mai 2009

    Atommüll/Asse: BMU Gabriel sichert Aufklärung zu

    Gabriel: Die Menschen haben ein Recht auf rückhaltlose Aufklärung
    Debatte im Niedersächsischen Landtag

    Offensichtlich haben Teile der niedersächsischen Landespolitik ein Interesse daran, die skandalösen Vorgänge in der Asse zu verharmlosen. Das wäre genau so fatal, wie eine parteipolitische Schlammschlacht. Die Menschen in der Region haben ein Recht auf rückhaltlose Aufklärung. Sie wollen aber nicht, dass der Untersuchungsausschuss für politischen Klamauk missbraucht wird“, sagte heute Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. „Die heutige Landtagsdebatte in Hannover hat aber leider gezeigt: Die Regierungsfraktionen haben immer noch nicht verstanden, dass die Öffentlichkeit wissen will, was in der Asse los ist und wie es mit dem maroden Bergwerk weitergeht. Billige Schuldzuweisungen helfen ganz sicher nicht, das verlorene Vertrauen in den Staat wiederherzustellen.

    Schon bevor der Untersuchungsausschuss überhaupt eingerichtet ist, versuchen die Regierungsfraktionen in Hannover mit billigen Angriffen auf das Bundesamt für Strahlenschutz und das Bundesumweltministerium von den eigentlichen Problemen abzulenken. Das ist so durchschaubar wie absurd. Seit das BfS am 1. Januar unter meiner politischen Verantwortung die Asse übernommen hat, werden die Versäumnisse der Vergangenheit aufgeklärt. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. Denn die vom früheren Betreiber mit erheblicher Verspätung übergebenen Akten sind ungeordnet und offenbar auch in Teilen unvollständig.

    Auch wenn die Regierungsfraktionen in Hannover das nicht wahrhaben wollen: Die Menschen in der Umgebung der Asse wissen sehr wohl, wer die Probleme der Vergangenheit verursacht hat und wer nun an konkreten Lösungen arbeitet. Mein Ministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz werden auch in Zukunft den engen Dialog mit den Anwohnern suchen und so transparent wie irgend möglich mit allen zur Verfügung stehenden Unterlagen umgehen. Wären die verantwortlichen niedersächsischen Behörden genauso verfahren, hätten wir heute die Probleme in der Asse nicht“, so Gabriel.

    02 Juli 2008

    Zur "Störfallbeherrschung" bei Atomkraftwerken

    Pressemitteilung des BMU:
    Atomkraftwerkbetreiber müssen besser informieren
    Bundesverwaltungsgericht stärkt Atomaufsicht

    Atomkraftwerkbetreiber sind zukünftig verpflichtet, die Atomaufsicht bereits bei begründeten Zweifeln an der Beherrschung eines Störfalls zu informieren. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht Auflagen des Bundesumweltministeriums anlässlich eines Störfalls beim Atomkraftwerk Phillippsburg zum Teil bestätigt. Das ist ein wichtiger Erfolg für die Atomaufsicht, denn die jetzt verbindlich durchgesetzte Pflicht zur kurzfristigen Information über Zweifel an der Anlagensicherheit versetzt die Behörden in die Lage, die für den Schutz der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen sofort anzuordnen.

    Aufgehoben hat das Bundesverwaltungsgericht die Auflage, dass der Betreiber von sich aus die Anlage abfahren muss, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung nicht rechtzeitig geführt wird. Es bleibt Aufgabe der Aufsichtsbehörden, bei einem Gefahrenverdacht die Betriebseinstellung anzuordnen. Gleiches gilt auch, wenn Verstöße gegen Genehmigungsbestimmungen zur Störfallbeherrschung festgestellt werden.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat die aufgehobenen Teile der Auflagen zum Abfahren der Atomkraftwerke für zu unbestimmt gehalten. Das Bundesumweltministerium war der Ansicht, dass ein fachkundiger Betreiber nach den Anforderungen einer modernen Sicherheitskultur die Verantwortung für die notwendigen Maßnahmen in Zweifelsfällen übernehmen muss. Auch wenn dies derzeit nicht mit behördlichen Auflagen atomrechtlich durchsetzbar ist, sieht das Bundesumweltministerium die Betreiber in der Verantwortung, von sich aus den Anlagenbetrieb einzustellen, wenn begründete Zweifel an der Sicherheit bestehen.

    Die strittige Auflage für das Kernkraftwerk Philippsburg (Block I und II), hatte das zuständige baden-württembergische Umweltministerium am 28. Februar 2005 auf Weisung des Bundesumweltministeriums erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte in erster Instanz die Auflage auf Klage des Betreiber EnBW vollständig aufgehoben.

    Anlass für die Auflagen zur Störfallbeherrschung war, dass die Nachweisführung für einen bestimmten Kühlmittelverluststörfall beim Kernkraftwerk Phillippsburg in Frage stand und über mehre Monate betriebsintern diskutiert wurde, ohne die Behörden zu informieren.

    (Zu den damaligen Ereignissen: http://www.bmu.de/atomenergie/ba/doc/35116.php)

    10 Dezember 2003

    Bundeskabinett verbessert Störfallvorsorge

    Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung beschlossen
    Pressemitteilung BMU.de

    Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Störfall-Verordnung (StörfallVwV) beschlossen. Diese Verwaltungsvorschrift konkretisiert und erläutert neue Anforderungen, die sich aus dem modernisierten europäischen Störfallrecht und seiner Umsetzung durch die Störfall-Verordnung ergeben. Sie ersetzt drei außer Kraft getretene frühere Verwaltungsvorschriften und trägt damit zur Rechtsvereinfachung bei.

    Die Störfall-Verwaltungsvorschrift konkretisiert und erläutert die neuen Anforderungen der Störfall-Verordnung. Hierzu gehören Ausarbeitung und Umsetzung eines Konzepts zur Verhinderung von Störfällen, die Einführung und Umsetzung eines Sicherheitsmanagementsystems, die Erstellung eines Sicherheitsberichts sowie die Erfassung, Aufklärung uns Auswertung meldepflichtiger Ereignisse.

    Grundlegend überarbeitet gegenüber dem altem Störfallrecht wurden die Anforderungen an die Darstellung von Störfallablaufszenarien. Anzahl, Art und Randbedingungen der erforderlichen Szenarien wurden in der Verwaltungsvorschrift festgelegt. Damit sollen frühere Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden und Betreibern über die Frage, welche Szenarien im Sicherheitsbericht zu dokumentieren sind und welche den Gefahrenabwehrbehörden für deren Notfallplanung zur Verfügung gestellt werden müssen, künftig vermieden werden.

    Mit der Störfall-Verwaltungsvorschrift erhalten die zuständigen Behörden klare Vorgaben für einen bundeseinheitlichen Vollzug des Störfallrechts. Für die betroffenen Unternehmen erhöht sich die Rechts- und Planungssicherheit, Investitionsentscheidungen werden kalkulierbarer gemacht.

    Die Verwaltungsvorschrift bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates.

    10 April 2003

    BMU, BMZ und BMBF fordern globale Energiewende

    Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen (WGBU) übergibt Energiewende-Gutachten
    Gemeinsame Pressemitteilung BMU/BMZ/BMBF BMU.de

    Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WGBU) hat heute sein Gutachten "Welt im Wandel - Energiewende zur Nachhaltigkeit" an Bundesumweltminister Jürgen Trittin, die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, und den Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Uwe Thomas übergeben.

    Das Gutachten des Beirates unterstreicht die Bedeutung einer globalen Energiewende sowohl für den Schutz des Weltklimas als auch für die Entwicklungschancen ärmerer Länder. "Eine zielgerichtete Entwicklung weg von den fossilen hin zu erneuerbaren Energiequellen ist aus ökologischen, ökonomischen und friedenspolitischen Gründen dringend erforderlich", sagte Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Der Klimawandel beeinträchtige beispielsweise bereits heute schon in vielen Regionen die genetische Vielfalt. Es sei bereits heute absehbar, dass die Kosten für die Beseitigung der vom Klimawandel verursachten Schäden die Kosten für das Umsteuern bei weitem übersteigen würden. "Darüber hinaus gilt: Angesichts der Begrenztheit gerade der Ölvorräte der Welt muss eine nachhaltige Energieversorgung sich von der Abhängigkeit vom Öl befreien", sagte Trittin.

    "Das Gutachten macht deutlich, dass eine Energiewende wichtiger Bestandteil der Armutsbekämpfung ist. Deshalb unterstütze ich die Nutzung erneuerbarer Energien nachdrücklich, gerade auch als Alternative zu fossilen Energieträgern", erklärte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bei der Übergabe. "Denn eines ist klar: Nur wenn der Zugang zu Energie gerecht verteilt ist, können wir bis zum Jahr 2015 den Anteil der absolut Armen an der Weltbevölkerung halbieren."

    Wie der WBGU in seinem Gutachten feststelle, könne die globale Energiewende nur gelingen, wenn Entwicklungs- und Transformationsländer beim Aufbau nachhaltiger Energiesysteme unterstützt würden. "Dafür werden, wie in Johannesburg zugesagt, aus den Mitteln des Entwicklungsministeriums in den kommenden fünf Jahren insgesamt eine Milliarde Euro für den Energiesektor in Entwicklungsländern bereitstellen", betonte Wieczorek-Zeul. Davon würden 500 Millionen Euro für erneuerbare Energien und 500 Millionen Euro für Energiesparmassnahmen verwandt. "Bereits jetzt fördert das Entwicklungsministerium etwa 70 Projekte für erneuerbare Energien in 40 Ländern", sagte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.

    Gleichwohl sind fossile Energieträger auf absehbare Zeit noch unverzichtbar. "Das Potential, um fossile Energien wesentlich effektiver umzuwandeln und zu nutzen als bislang, ist noch riesig", sagte Uwe Thomas, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. "Aber auch die wissenschaftlichen Grundlagen für das Ausschöpfen der Energie von Sonne und Wind werden ständig verbessert", so der Staatssekretär weiter.