Pressemitteilung BMU.de
Im hessischen Atomkraftwerk Biblis A ist ein Defizit bekannt geworden, das von großer sicherheitstechnischer Bedeutung sein kann. Es wurde festgestellt, dass das Notkühlsystem möglicherweise unter Verstoss gegen die Errichtungsvorschriften unzureichend ausgelegt ist. Dies hat die zuständige hessische Aufsichtsbehörde gestern dem Bundesumweltministerium als "vorläufige Sofortmeldung" mitgeteilt. Das Notkühlsystem muss im Falle einer großen Leckage die Kühlung des Reaktors gewährleisten. Wegen der gravierenden Bedeutung wird das Bundesumweltministerium die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) mit der Untersuchung beauftragen. Der Reaktor ist vorübergehend stillgelegt. Das Bundesumweltministerium wird dem Wiederanfahren des Reaktors erst dann zustimmen, wenn die Ursachen und Verantwortlichkeiten geklärt und die Sicherheit des Anlagenbetriebs gesichert sind.
Nach Angaben des hessischen Umweltministeriums stand der Atomreaktor Biblis A aufgrund einer Reparatur und einer Messung im Notstandssystem für kurze Zeit still. Im Zuge des Wiederanfahrens des Atomreaktors wurde festgestellt, dass die Ansaugöffnungen für Notkühlpumpen statt der vorgeschriebenen Fläche von 5,9 m² nur 3 m² besitzen. Die betroffenen Notkühlpumpen saugen bei einem Störfall mit großem Kühlmittelverlust Reaktorwasser aus dem Sumpf des Reaktorsicherheitsbehälters zurück in den Reaktordruckbehälter und kühlen den Reaktorkern. Bei einem Verstopfen der Ansaugöffnungen besteht in einem solchen Falle die Gefahr, das der Reaktor unzureichend gekühlt wird und es zu massiven Freisetzungen von Radioaktivität kommen kann.
Ob die halbierten zur Verfügung stehenden Ansaugflächen schon seit Betriebsbeginn des Reaktors 1974 vorliegen oder erst durch spätere Einbauten verkleinert wurden, ist noch nicht geklärt. Geklärt werden muss auch die Frage, wieso den Sicherheitsnachweisen die falsche Größe zugrundegelegt werden konnte.
Das hessische Umweltministerium hat die Untersuchungen aufgenommen und der Bundesaufsicht zugesagt, dass der Atomreaktor Biblis A nicht wieder ans Netz gehe, bevor der Sachverhalt vollständig aufgeklärt und der sicherheitstechnische Mangel behoben sei.